Und noch ein Lebenszeichen: Die Bloodhound Gang läßt diesmal keine fünf Jahre auf sich warten. Sind nur zwei diesmal, aber das Album ist ja auch noch nicht da. Sind wir doch mal gespannt und freuen uns erst mal über dieses gelungene Liedchen.
Ach ja - sorry an die, die das Bildchen geschmacklos finden. Aber so sind die Jungs numal.
Screwing You On The Beach At Night
Genre: Pop
Bitrate: 185 kBit/s (VBR)
Year: 2007
Samstag, September 29, 2007
Bloodhound Gang - Screwing You On The Beach At Night
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Bruce Springsteen - Magic
Helden der Kindheit sag ich nur. Der Boss gehörte ganz klar in den Achtzigern dazu und sein neues Album erinnert doch stark an damals. Gut so! Back to the roots.
The Boss is back
Es gibt viele, die haben Bruce Springsteen schon abgeschrieben. Liegt doch sein letzter echter Hit ("Philadelphia") 13 Jahre zurück. Doch jetzt kehrt Bruce wieder den Boss heraus: "Magic" (erscheint heute) ist sein bestes Rockalbum seit "Born in the USA"!
Vergessen das Jammertal nach dem 11. September ("The rising"), die Depression von "The ghost of Tom Joad". Schon die "Seeger Sessions" vom letzten Jahr zeigten an, dass der Boss wieder Kraft getankt hat. Und nun kehrt Springsteen zu dem Sound zurück, der ihn zum Superstar gemacht hat.
Zu schlichtem Rock 'n' Roll, großen Rockhymnen, zu Feelgood-Musik. Seine alten Jungs, die E-Street-Band (großartig: Clarence Clemons am Saxofon), sind wieder mit Spaß dabei. Songs wie "Last to die" oder "I'll work to die" schlagen eine Brücke in die Vergangenheit.
Manch einer mag da mäkeln, dass der Boss sich selbst zitiert. "Livin' in the future" klingt wie ein verschleppter Mix aus "Cover me" und "Hungry heart". Das Mundharmonika-Intro von "Gypsy biker" erinnert an "The river", "Magic" an die Atmosphäre von "I'm on fire". Na und? Das klang damals gut, das klingt heute gut.
Magic
Genre: Rock
Bitrate: 154 kBit/s (VBR)
Year: 2007
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Katie Melua - Pictures
Es gibt viele Wege, auf denen junge Sängerinnen Bekanntheit erlangen können. Einen mit Sicherheit nicht alltäglichen hat die britisch-georgische Sängerin Katie Melua gewählt: Sie sang - sonst nichts. Und trotzdem schafft es die 23-Jährige seit ihrem ersten Album „Call Off The Search“ regelmäßig an die Spitze der schwer zu enternden britischen Charts. Nachdem sie zuletzt mit einem Konzert in Rekordtiefe von über 390 Metern im Meer für Furore sorgte, liefert sie jetzt nach zwei turbulenten Jahren über dem Meeresspiegel mit „Pictures“ ihren dritten Longplayer ab.
Als Katie Melua vor zwei Jahren auf Promotion-Tour nach Wien kam (siehe Archiv-Interview in der Infobox), fanden sich gerade einmal zwei Privatsender und eine Hand voll Journalisten, die mehr schlecht als recht wussten, was sie erwartete, im Jazz-Club „Reigen“ für ein halbstündiges Unplugged-Konzert ein. 2007 zog Katie Melua Japan als Reiseziel vor und der Reigen erspart sich somit den Dachausbau, denn der Ansturm wäre mit Sicherheit enorm gewesen.
Die 23-jährige Britin mit georgischer Doppelstaatsbürgerschaft hat seit ihrem Zweitling „Piece By Piece“ aber nicht nur den Ozean erobert, sondern auch eine beachtliche Check-Liste an musikalischen Highlights und Nebentätigkeiten zusammgetragen: Sie spielte mit ihrem Idol Brian May von Queen, trat bei „Live Earth“ auf, wurde Botschafterin der Wohltätigkeitsorganisation „Save The Children“ und absolvierte ihre erste Statistenrolle in einem Hollywood-Film. Melua, die privat als Energiebündel mit einem Hang zu Achterbahnen und Schleudersitzen gilt, ließ sich in dem Trailer „Don’t!“, der die beiden Grindhouse-Movies von Quentin Tarantino („Death Proof“) und Robert Rodriguez („Planet Terror“) thematisch verbindet, von einem Axtmörder den Schädel spalten.
"Schocking!" Die entzweite Melua ist doch krasser Gegensatz zum Image der gefühlvollen, stets nach pefekter Liebe und romantischen Abenteuern suchenden Sängerin, wie sie sich auf ihren Alben gibt. Obwohl auch diese vor einem Wandel steht: Mit „Pictures“ entfernt sich Katie Melua nämlich zunehmend von ihrem musikalischen Ziehvater, dem britischen Produzenten und Multiinstrumentalisten Mike Batt, der auf ihren letzten beiden Alben „Call Off The Search“ und „Piece By Piece“ noch großen Einfluss auf die gebürtige Georgierin („Ketevan Melua“) hatte und einen Großteil der Songs schrieb.
Zwar stammen „immer noch“ fünf der zwölf Tracks aus der Feder des 58-Jährigen, der schon für Oldie-Legende Cliff Richard komponierte und neben Vanessa Mae auch das Streicherinnen-Quartett „Bond“ produzierte – aber die 1,56 Meter kleine Sängerin hat auch in fremden Obstgärten Süßigkeiten gefunden: Für das jazzig-geschmeidige „Perfect Circle“ sprang die um drei Jahre jüngere Molly McQueen (Tochter von Midge Ure und Sängerin der Punkband „The Faders“) ins Boot, mit der australischen Schauspielerin Andrea McEwan schrieb sie den Lovesong „What I Miss About You“ und das mit einem lässigen Tex-Mex-Groove ausgestattete „Dirty Dice“.
Die erste Single-Auskopplung ist „If You Were A Sailboat“, einer der fünf Batt-Songs und eine klassische „Melua-Ballade“, wie man die von zarten, fast schon kitschig-einfachen Fingerpicking-Patterns und zum Wohle stimmlicher Präsenz von zurückhaltender Instrumentierung geprägten Songs nach Erfolgen wie „Nine Million Bicycles“ und „It’s Only Pain“ getrost nennen darf. Bis auf das bluesige und von Katie Melua mit ungewohnt verruchter Stimme dargebrachte „Scary Films“ setzt sich die Gemächlichkeit auf den weiteren Batt-Stücken fort und bildet solide, aber doch etwas unaufregende Plateaus, auf denen man beim entspannten Durchhören von „Pictures“ auch mal ein Schönheitsschläfchen halten kann.
Die einzige gänzliche Melua-Eigenkomposition „Spellbound“ nimmt man mit einem zufriedenen Grinsen wahr – der Song ist verträumt, verspielt und spürbar von einer anderen Seele gezeichnet. Auch auf dem Piano-Reggae „Ghost Town“ (Melua/Batt) offenbart sich eine konkrete Handschrift, die zwar leicht zu entziffern ist, aber dennoch mit elegant-unaufdringlicher Vehemenz das bleiche Notenblatt füllte. Die herausragenden Songs sind ohne Zweifel „Perfect Circle“, das mit wohldosierten Text-Hooks (the more you scratch / the more you itch) verwöhnt und einfach nur „smooth“ ist, und - neben dem bereits erwähnten „Dirty Dice“ - das abschließende Leonard-Cohen-Cover „In My Secret Life“. Ähnlich wie sie es auf „Piece By Piece“ mit dem Canned-Heat-Klassiker „On The Road Again“ tat, bekommt auch der erst 2001 erschienene Cohen-Song einen unverwechselbaren Neuanstrich - sprich: eine Oktave extra und dieses unvergleichlich vibrierende Beben von Meluas Stimme, wenn sie sich plötzlich, eine Gänsehaut provozierend in die höhere Stimmlage schwingt.
Die songschreiberischen Veränderungen (Steigerungen) auf „Pictures“ als bloßes Produkt des Erwachsenwerdens der ehemaligen Castingshow-Gewinnerin zu beschreiben, wäre aber fast zu lax. Viel eher ist es berufliche Emanzipation. Wer in mittelärmlichen Verhältnissen in der Sowjetunion aufwuchs, mit neun und nichts außer „Hello“ und „Thank you“ nach England emigrierte und dann mit 22 bei seiner Plattenfirma durchsetzen konnte, dass der gesamte Reinerlös einer Single-Auskoppelung („Spider’s Web“) einem Charity-Projekt zu Gute kommt, dem sollte man nicht einmal indirekt unterstellen, er hätte bei den beiden Alben davor nicht ganz gewusst, wo’s lang geht. Mit der Platte nach „Pictures“ soll übrigens Schluss sein mit Batt/Melua-Kollaborationen.
Pictures
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Freitag, September 28, 2007
Matchbox Twenty - Exile on Mainstream
Nach vierjähriger Auszeit melden sich Matchbox Twenty mit einem ungewöhnlichen Projekt zurück: Sechs neue Songs leiten zu einer Werkschau der bekanntesten Hits der Band um Rob Thomas über, die seit 1995 mit mehr als 35 Millionen verkauften Alben zu den Megasellern der Branche gehört. «Exile On Mainstream» (Warner) erscheint am Freitag und ist für Thomas eine Art Standortbestimmung: «Wir sind definitiv eine Popband», sagt er im AP-Interview.
Der Albumtitel ist eine selbstbewusste Anspielung auf eines der besten Werke der Rolling Stones, «Exile On Main Street». Thomas ist sich deren Segens sicher, schließlich hat er seine Songwriter-Qualitäten nicht nur Carlos Santana, Willie Nelson und Marc Anthony, sondern auch Mick Jagger persönlich zur Verfügung gestellt. «Das war sehr aufregend - ich bin bei diesen Leuten zur Schule gegangen.»
Was er da gelernt hat, stellte er in seinem vor zwei Jahren erschienenen Soloalbum «Someone Like You» vor. «Exile On Mainstream» schreibt das nicht nur fort, sondern ist zugleich auch ein Neuanfang: Der inzwischen 35-jährige Rob Thomas steht nicht mehr alleine als charismatischer Sänger und Songwriter im Mittelpunkt. Alle vier - Rhythmusgitarrist Adam Gaynor stieg 2005 aus - hätten an den neuen Songs mitgearbeitet, man habe mit dem neuen Produzenten Steve Lillywhite alle Entscheidungen zusammen getroffen.
«Wir haben bei dieser Platte alles anders gemacht», erklärt Thomas. «Wir sind nun ein Quartett und nicht mehr zu fünft; unser Schlagzeuger Paul (Doucette), der elf Jahre Schlagzeug spielte, hat beschlossen, nun Gitarre zu spielen - und das ist okay. Wir haben erstmals mit einem anderen Produzenten gearbeitet, vorher hatten wir immer Matt (Serletic). Wir haben alle zusammen gearbeitet, was wir früher so nicht getan haben. So konnte es gar nicht anders kommen, als dass es auch völlig anders klingt. Wenn dieses Album anders ist als alles, was wir bisher getan haben, dann deshalb, weil wir es zuließen.»
Der Plattenfirma schwebte ursprünglich ein «Greatest Hits»-Album vor. Die Band wollte aber mehr als eine Kollektion bekannter Songs, sagt Thomas. «Wir hatten noch nie davon gehört, dass jemand seine 'Greatest Hits' mit neuem Material in einem Album herausbringt. In den Gesprächen mit Atlantic Records wurde uns klar, dass wir nicht wollten, dass die Fans für zwei CDs zahlen müssen. Wir kamen also überein, ein Album mit sechs brandneuen Liedern und elf unserer alten Singles zum Preis einer CD herauszubringen.»
Für Thomas und seine Kollegen - Doucette, Bassist Brian Yale und Lead-Gitarrist Kyle Cook - rückt die Band mit der Albumveröffentlichung wieder in den Lebensmittelpunkt: «Wir werden jetzt hier in den Staaten noch viele Radio- und Fernsehauftritte machen; nach Weihnachten geht's dann auf Tournee. Wir wollen die beste Live-Band sein.»
Über die relativ langen Unterbrechungen im Schaffen der Band - die bisherigen drei Alben erschienen 1996, 2000 und 2003 - sagt er: «Es war immer geplant, die Pause zu nehmen. Und dann werden wir irgendwann zusammenkommen. Wir haben nie von einer Auflösung der Band gesprochen. Zugleich war da aber auch immer ein Gefühl: Wenn wir zusammen sind und es fühlt sich nicht neu an, nicht belebend und nicht wie etwas, was wir voll und ganz lieben - dann wollen wir es nicht mehr machen. Ich denke, seit unserem ersten Album ist unsere Devise: «Wir machen das nur, wenn wir daran Spaß haben. Wenn nicht, ist es unsere letzte Platte. Glücklicherweise hatten wir echt Spaß an diesem Material und wir freuen uns auf die nächste Platte.»
«Wieder eine Tendenz zu handgemachter Musik»
Für Thomas ist Matchbox Twenty eine Art Rockband im Pop-Exil, die einfach populäre Songs spielen will. Rock werde heute härter definiert als die Musik von Matchbox Twenty ist. Andererseits freue er sich, im von HipHop und Urban dominierten US-Radio ein Lied von John Mayer zu hören, und das empfinde er dann als Rock. «Es gibt wieder eine Tendenz zu handgemachter Musik von Musikern, die ihre eigenen Lieder schreiben», resümiert er. In dieser Liga spielen Matchbox Twenty - mit dem Anspruch, wie die «alten Bands» von R.E.M. über Bruce Springsteen bis Tom Petty & The Heartbreakers für wirklich alles verantwortlich zu sein, was auf ihrem Album zu hören ist.
Mit der ersten Single, dem rockigen «How Far We've Come», stellen sich Matchbox Twenty vor, am Morgen des Anfangs vom Ende der Welt aufzuwachen. Das Gefühl kenne er noch aus den 80er Jahren und dem Kalten Krieg, als man Angst vorm Atomkrieg hatte, erklärt Thomas. Heute sorge man sich wegen Kriegen und Klimawandel. «Es geht um den Zustand der Welt, darum, Bilanz zu ziehen und auszumachen, wie weit wir es gebracht haben. Es geht nicht um die Antwort, ich denke, wir müssen erst mal diese Frage überhaupt stellen.»
Exile on Mainstream
Genre: Pop
Bitrate: 219 kBit/s (VBR)
Year: 2007
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Nena - Cover Me
Sie schafft es immer wieder mich zu beeindrucken, die gute alte Nena.
Eine gute Cover-Version verrät genau so viel über einen Künstler wie ein eigener Song. Niemand weiß das besser als David Bowie, der mit „Pin Ups“ 1974 selbst ein Album voller Cover-Versionen aufgenommen hat. Dennoch gab es in den vergangenen Jahren nicht allzu viele Künstler, die den Mut (und das Vertrauen in sich) hatten, auf einem Doppelalbum ihre persönlichen Lieblingssongs zu interpretieren. NENA, Deutschlands bekannteste Sängerin, hegte schon lange diesen Wunsch – jetzt ist die passende Zeit dafür.
„Es sind allesamt Lieder, die etwas in mir bewegen. Zu jedem Stück gibt es eine intensive Beziehung. Manche geben mir Kraft, andere sind wichtige Erinnerungen. Wiederum andere konfrontieren mich mit meinen Denkmustern. Bei einigen dieser Songs muss ich weinen, andere bringen mich zum Lachen. Einige der Songs begleiten mich schon über 30 Jahre. Sie „covern“ mich in allen Lebenslagen. Wir hatten einfach sehr viel Freude damit, uns von diesen Songs inspirieren zu lassen und sie auf unsere Art zu interpretieren. Mit sehr viel Respekt und Liebe haben wir uns al diesen wunderschönen und bedeutenden Liedern genähert und ihnen ein NENA-Kleid verpasst.“
COVER ME sind fast 30 Songs aus unterschiedlichsten Dekaden der Rock- und Pop-Musik. Ob Liedermacher oder auf neudeutsch Singer/Songwriter wie Bob Dylan, Udo Lindenberg, Klaus Hoffmann oder Ulla Meinecke über Rocklegenden wie Pink Floyd, die Rolling Stones, Peter Gabriel und David Bowie bis zu Zeitgenössischem von Deichkind, Air, The Cure, Rammstein, Stereo Total, Clueso.
Die deutschen Songs wurden produziert von Derek von Krogh, Philipp Palm und Nena. Die englischen Songs produzierte Uwe Fahrenkrog-Petersen.
Cover Me
CD 2
01 The Last Time
02 It's all over now Baby blue
03 She's like a Rainbow
04 Fade into you
05 Friday i'm in Love
06 Starman
07 Blowin' in the Wind
08 Slipping away
09 Sexy Boy
10 Big Yellow Taxi
11 Children of the Revolution
12 After the Goldrush
13 Us and them
14 Darkness
Genre: Pop
Bitrate: 201 kBit/s (VBR)
Year: 2007
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Donnerstag, September 27, 2007
Saltatio Mortis
Ich hatte mich schon gewundert, warum die Verweise so wenig genutzt werden, als ich feststellte, dass ich diese göttliche Band hier noch gar nicht vorgestellt habe, sie lediglich im Dex aufgeführt hab. Das will ich doch mal schnell nachholen. Vorweg für die, die von Saltatio noch nie gehört haben: Saltatio Mortis sind neben Die Schnitter die einzigen, die etwas machen, dass man unter Mittelalter-Punk klassifizieren kann. Gerade dadurch heben sie sich, für meinen Geschmack, von den anderen Mittelalter-Rockern ab.
Saltatio Mortis, der Totentanz. Wer sich solch einen Namen für seine Band aussucht und sich auch des entsprechenden historischen Hintergrundes bewusst ist, der muss ja wohl eine gewisse Vorliebe für's Mittelalter haben. Genau so ist es auch bei den sieben Spielleuten von Saltatio Mortis.
Aus der Umgebung von Mannheim stammend fangen die Herren an, sich auf Mittelaltermärkten die Gunst der Zuhörer zu erspielen. Doch nicht nur mit ihrer Musik ziehen sie das Volk auf ihre Seite, sondern auch mit jeder Menge Unterhaltung, wie es sich für Spielmänner des Mittelalters eben gehört. Der Form halber geben sich die Sieben auch noch lustige Namen, die hin und wieder aber auch fast schon ins Grenzdebile abdriften.
An den Instrumenten stehen Alea der Bescheidene (Gesang, Sackpfeifen, Schalmeien), Dominor der Filigrane (Sackpfeifen, Schalmeien, Pommern, Binjou, Programming), Die Fackel (Sackpfeifen, Schalmeien, Mandola, Harfe, Keyboards), Falk Irmenfried von Hasen-Mümmelstein (Sackpfeifen, Schalmeien, indisches Wui, Conferenzen), Ungemach der Missgestimmte (Sackpfeifen, Schalmeien, Percussion, Gitarre), Lasterbalk der Lästerliche (Davul, Trommeln, Percussion, Pauken, Programming) und Thoron Trommelfeuer (Darabuka, Trommeln, Percussion). In dieser Besetzung machen sie sich schnell einen Namen und sind auf Mittelaltermärkten gern gesehen Gäste.
Schnell mehren sich aber die Nachfragen nach einem Tonträger, was die Musiker 2000 ins Studio treibt, um den Akustik Rocker "Tavernakel - Marktmusik des Mittelalters" aufzunehmen und im folgenden Jahr zu veröffentlichen. Die meisten Lieder sind rein instrumental gehalten, nur bei wenigen glänzt Alea mit seinem Gesang. Die CD veröffentlichen sie selbstständig, den Vertrieb übernimmt SPV.
Da es aber in den winterlichen Monaten nicht unbedingt sehr angenehm ist, im Freien zu spielen, wollen sie auch Musik machen, die man in beheizten Räumen spielen kann. Zu diesem Zweck probieren sie mal die heimische Steckdose aus, und siehe da, "Das Zweite Gesicht" vermischt die Klänge der modernen E-Gitarre mit den Tönen des Mittelalters. Zwar sind sie mit dieser Mischung bei weitem nicht allein, sondern haben mit Subway To Sally, In Extremo, Schandmaul oder Tanzwut einige Konkurrenz, doch davon unbeirrt machen sie ihre Sache durchaus ordentlich.
Für ihr erstes elektronisch verstärktes Album haben sie einen Vertrag bei Napalm Records in der Tasche und lassen es sich natürlich nicht nehmen, das Album entsprechend zu promoten. Auf der Tour stellen sie auch Magister Flux (modernes Gerät) vor, der für die technische Seite der Konzerte zuständig ist. Schon während der Tour haben sie ihre nächste CD "Heptessenz" in der Hinterhand, die wieder ohne elektrische Spielereien auskommt, und deren Lieder das Volk auf manchen Mittelaltermärkten erfreuen werden.
Unterdessen nutzen aber bereits jede freie Minute dazu, am nächsten elektrisch verstärktem Album zu basteln, das auf dem Namen "Erwachen" hört und Ende Januar 2004 erscheint. Darauf gehen sie noch etwas elektronischer zu Werke, können sich aber gegen die Konkurrenz durchaus behaupten.
Ihre im März beginnende Tour findet zunächst noch verstärkt und 'plugged' in Hallen statt.
Der Tourmarathon beginnt und geht den kompletten März durch bis in den April. Einzelne Auftritte ziehen sich durchs ganze Jahr, und im August nehmen sie die Live-CD "Manufactum" auf, die Ende Januar 2005 in die Läden kommt. Schon zuvor erscheint der Roman "Die Nebel Von Avalon" von Marion Zimmer Bradley als Hörbuch, zu dem Saltatio Mortis die Musik beisteuern. Parallel dazu laufen auch die Arbeiten am nächsten Rock-Album, die im April abgeschlossen sind. "Des Königs Henker" erscheint Ende August 2005 und orientiert sich ganz massiv am aktuellen Sound von Subway To Sally.
Auch den Henker des Königs wollen sie natürlich auf Tour den Fans näher bringen und spielen auf dem Summer Breeze 2006. Doch kurze Zeit später haben sie den Abgang von insegsamt drei Mitgliedern zu verkraften. Dominor, Die Fackel und Ungemach packen ihre Koffer und verschwinden. Dafür schließen sich Bruder Frank (Bass/Chapman Stikc), El Silbador (Dudelsack), Mik El Angelo (Gitarre/Bousouki/Zister) und Cordoban der Verspielte (Dudelsack/Schalmei/Flöten) der Truppe an. Letzterer kommt von der Banal-Humor- Mittelalter-Band Feuerschwanz.
Aufgrund der Umbesetzung und der ausgedehnteren Tourneen dauert es somit zum ersten Mal zwei Jahre, ehe sich Saltatio Mortis mit dem neuen Album "Aus Der Asche" zurück melden. Zu der Zeit treten sie schon wieder verstärkt unplugged auf, sind aber ab Oktober auch wieder elektronisch verstärkt unterwegs.
Aus Der Asche
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Die Ärzte - Junge (CDM)
O.K. - vor fast einem Jahr habe ich mich schon einmal dazu bekannt, die Ärzte und die Hosen zu mögen. Grund warum ich sie in meinem Blog nicht vorstelle, ist der, dass sie oft genug überall im www vorgestellt werden. Diesmal bin ich jedoch so enttäuscht, dass ich meinen Frust mit der Welt teilen möchte! Jetzt bitte keine Mitleidsbekundungen - ich will hier bitte mal ein wenig Meinungsstreit.
Vielleicht bin ich ja der einzige Die-Ärzte-Liebhaber, der nicht wirklich begeistert von den neuen Liedchen ist. Natürlich freue auch ich mich, dass es endlich einen neuen Tonträger gibt. Aber dass die Rückbesinnung auf Debil so aussieht, dass man als Mittvierziger Teenie-Lieder singt. Naja. Auf der Debil vor 23 Jahren passte das Themengebiet, aber versteckt hinter einer Eltern-Rolle wirkt Junge weder authentisch noch witzig. Musikalisch sind es die Ärzte - klar! Aber das konntet ihr schon mal besser Jungs. Hoffentlich ist der Rest von "Jazz ist anders" besser.
Übrigens suche ich immer noch das Album von Rods Schwester Claudia: Universal Gonzales. Wenn es einer hat, bitte, bitte .......
Junge (CDM)
Titelliste
01 Junge
02 Das schoenste Lied der Welt
03 Tut Mir leid
Genre: Punk Rock
Bitrate: 181 kBit/s (VBR)
Year: 2007
Und hier noch die Texte zur Maxi:
JUNGE
Junge, warum hast du nichts gelernt?
Guck dir den Dieter an, der hat sogar ein Auto.
Warum gehst du nicht zu Onkel Werner in die Werkstatt?
Der gibt dir ‘ne Festanstellung, wenn du ihn darum bittest.
Junge - und wie du wieder aussiehst!
Löcher in der Hose und ständig dieser Lärm.
Was sollen die Nachbarn sagen?
Und dann noch deine Haare, da fehlen mir die Worte.
Musst du die denn färben?
Was sollen die Nachbarn sagen?
Nie kommst du nach Hause, wir wissen nicht mehr weiter.
Junge, brich deiner Mutter nicht das Herz.
Es ist noch nicht zu spät, dich an der Uni einzuschreiben.
Du hast dich doch früher so für Tiere interessiert,
Wäre das nichts für dich?
Eine eigene Praxis!
Junge - und wie du wieder aussiehst!
Löcher in der Nase und ständig dieser Lärm!
Elektrische Gitarren und immer diese Texte,
Das will doch keiner hören!
Was sollen die Nachbaren sagen?
Nie kommst du nach Hause, so viel schlechter Umgang!
Wir werden dich enterben!
Was soll das Finanzamt sagen?
Wo soll das alles enden?
Wir machen uns doch Sorgen!
Und du warst so ein süßes Kind.
Und du warst so ein süßes Kind.
Und du warst so ein süßes Kind.
Du warst so süß.
Und immer deine Freunde - ihr nehmt doch alle Drogen!
Und ständig dieser Lärm!
Was sollen die Nachbarn sagen?
Denk an deine Zukunft, denk an deine Eltern.
Willst du, daß wir sterben?
DAS SCHÖNSTE LIED DER WELT
Der Himmel grau, die Wolken wie Waschbeton.
Mein Hirn rief ständig: “Du kommst nicht davon”.
Ich schwamm allein, ein Meer aus Selbstmitleid.
Und in meiner Sanduhr verrann langsam die Zeit.
Doch dann schrieb ich - ein Lied so unbeschreiblich schön.
Den Song, für den Campino seine Band auflösen würde.
Es ist meins - ein Lied, wie es noch keines gab.
Du denkst, so ‘n Lied zu schreiben, wär auch keine große Hürde für dich.
Darum behalt’ ich dieses Lied auch ganz für mich.
Am Leben hielt ich aus Routine fest.
Zeit wurde zäh, ich erstickte an der Tristesse.
Ich war schon längst fertig mit all dem hier.
Doch ein Wunder kam, es kam direkt zu mir.
Denn ich schrieb - ein Lied so unbeschreiblich schön.
Den Song, für den Keith Richards gerne Abstinenzler würde.
Es ist meins - ein Lied, wie es noch keines gab.
Du denkst, so ‘n Lied zu schreiben, wär auch keine große Hürde für dich.
Darum behalt’ ich dieses Lied auch ganz für mich.
Das Lied ist viel zu schön, um es mit anderen zu teilen.
Ich hab’s zu Hause eingesperrt und darum muss ich mich beeilen.
Denn es hat seit heute früh nichts mehr zu essen und zu trinken bekomm’n.
Wenn ich nicht aufpass’, wird’s mir weggenomm’n.
Mein Lied so unbeschreiblich schön.
MTV und der Grand Prix wär’n unter seine Würde.
Es ist wahr - ein Lied, wie es noch keines gab.
Ihr denkt, so ‘n Lied zu schreiben, ist doch keine große Hürde.
Es ist mir allein, so unbeschreiblich wundervoll.
Es zu besitzen ist nicht leicht - und doch die schönste Bürde für mich.
Und ganz egal was auch geschieht.
Selbst wenn mir ‘ne Tracht Prügel blüht.
Und foltert man mich auch am Glied.
Ich behalte dieses Lied für mich.
TUT MIR LEID
Mir ging’s nicht gut, ich wollte mich betrinken,
wollte im Selbstmitleid versinken.
Da kam plötzlich diese Braut.
Sie nervte mich, weil sie sich furchtbar produzierte,
Ich dachte, was für ‘ne Frustrierte,
die uns die Stimmung hier versaut.
Nicht zu ertragen, das war echt nicht auszuhalten,
also ging ich zu der Alten,
und hab mich vor ihr aufgebaut.
Ich sah sie an und dann sagte ich laut:
Tut mir leid, ich bin betrunken,
es fällt mir schwer, jetzt unehrlich zu sein.
Ich bin zu oft und viel zu tief gesunken,
und grad ist jedes Wort auch wirklich so gemeint.
Tut mir leid, ich bin betrunken,
zum Lügen hab ich weder Lust noch Grund.
Dein kleines Leben ist erlogen und erstunken.
Also warum hältst du Miststück nicht den Mund?
Der nächste Tag konnte mich auch nicht mehr aufheitern,
ich trank auf der Arbeit weiter,
deshalb musste ich zum Boss.
Da saß ich nun und er sah mir scharf ins Auge
sagte, dass ich zu gar nichts tauge
und meinen Job, den wär ich los.
Na klar, ich weiss, ich bin der König aller Nieten,
doch ich lass mir nicht alles bieten,
also gab ich ihm einen Stoß.
Er bekam Angst und seine Augen wurden groß…
*Eähh, Üähh, Öääh ?!?*
Tut mir leid, ich bin betrunken,
es fällt mir schwer, jetzt unehrlich zu sein.
Ich bin zu oft und viel zu tief gesunken,
doch grad ist jedes Wort auch wirklich so gemeint.
Tut mir leid, ich bin betrunken,
zum Lügen bin ich grade viel zu faul.
Dein kleines Leben ist erlogen und erstunken.
Also warum hältst du Arschloch nicht dein Maul?
*hust, hust*
Jetzt bin ich in Therapie, will’s mir beweisen,
ich will nie wieder entgleisen,
den Alkohol, den lass ich sein.
Denn ab jetzt reiß ich mich am Riemen,
treffe mich mit anonymen
Leidgenossen auf ein stilles Wässerlein.
Doch auf dem Weg dahin werde ich überfahren.
Ein schneller Tod in jungen Jahren,
mein Gott, muss das denn auch noch sein?
Und im Sterben hör ich den Unfallfahrer wein’:
“Oh Gott, nimm mich!”
Tut mir leid (tut mir leid), ich bin betrunken (ich bin betrunken),
es abzustreiten dazu fehlt mir jetzt der Mut.
Ich bin zu oft und viel zu tief gesunken
und jetzt liegst du hier tot in deinem Blut.
Tut mir leid (tut mir leid), ich bin betrunken (ich bin betrunken),
Kölle Alaaf, Helau und Mainz bleibt Mainz.
Es ist nicht meine Art groß rumzuunken
doch mein Leben ist genauso aus wie deins.
Ja, mein Leben ist genauso aus wie deins.
Und eigentlich war es nie wirklich eins.
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Mittwoch, September 26, 2007
Young Marble Giants
Young Marble Giants gehörten zum Programm meiner musikalischen Früherziehung. Mein Vater sagte mir irgendwann "Hör Dir das mal an. Ist das nicht klasse. Die Lieder hören sich die ganze Zeit so an, als würde es gleich richtig losgehen. Und in dem Moment in dem Du glaubst, dass es soweit sei, hört das Lied auf." Mein Dad, war geprägt durch die Siebziger Jahre Rock-Klamotten und natürlich der Punk-Bewegung, so wie sie hier in Deutschland aufkam, zum Beispiel in Form der Hausbesetzer-Szene auf dem alten Stollwerck-Gelände. Jahre später entdeckte ich die YMG wieder, mittlerweile selbst zum Punk gereift, und fand sie großartig. Aber wie soviele geile Musik habe ich auch die YMG vergessen. Doch Vorgestern stolperte ich irgendwo über diese Neuauflage; und hier ist sie!
Als die Young Marble Giants aus Cardiff, bestehend aus den Brüdern Stuart und Philip Moxham und ihrer Schulfreundin Alison Statton 1978 von Rough Trade gesignt wurden, waren sie nichts weniger als eine Sensation: nach all der lauten Punkrockaufregung klang ihre Platte „Colossal Youth“ geradezu aufreizend minimalistisch und – leise. Gitarre, Orgel, Bass, eine Beatbox und die Alisons statische Stimme sorgten für Verwirrung und Begeisterung. Fast unheimlich wirken manche Songs, beunruhigend in ihrer Zurückgenommenheit. Kaum eine Band beeinflusste so nachhaltig das Independentuniversum, bis heute berufen sich Künstler wie Belle & Sebastian, Adam Green und Stereolab auf Young Marble Giants und benannte sich nicht eine legendäre Hamburger Band nach dem einzigen Album von YMG? Aber das ist eine andere, eigene Geschichte... Auch die frühen Cure müssen Young Marble Giants geliebt haben, nachvollziehbar an der Bassfigur von „Constantly Changing“, die relativ unverändert bei verschiedenen Cure-Songs wieder auftaucht. Young Marble Giants verkörperten – trotz ihrer unpunkigen Musik – den Punkgedanken perfekt: einfach anfangen, ohne viel Zeit mit Üben verschwendet zu haben. Eine LP, ein paar EPs, kaum Auftritte, das war´s. Young Marble Giants lösten sich nach kurzer Zeit auf, um in verschiedenen anderen Projekten wie The Gist weiter zu wirken. 2004 taten sich YMG für ein Konzert für BBC Wales zusammen, sahen aber von einer Reunion ab. Das YMG-Oevre, ihre eigentümliche Mixtur aus extrem reduzierter Instrumentierung, lieblichen Melodien und verhangener Melancholie verzaubert und verstört noch heute. Bei Domino Records ist jetzt ein Doppel-CD-Album erschienen, das alle jemals erschienenen YMG-Songs versammelt. Ein zeitloses Juwel, ein marmorner kleiner Riese.
satt.org
Gegen den Drei-Akkord-Imperativ
Poparchäologisch honorig und auch musikalisch famos: Mit einer Luxusausgabe des einzigen, aber epochalen Werks der Young Marble Giants und der Liebhaberreihe "Messthetics" beginnt die lange überfällige Kanonisierung des Post-Punks
VON GREGOR KESSLER
Wer den Beginn des Post-Punks auf einen Augenblick reduzieren möchte, der könnte diesen wählen: Cardiff, 1979. Stuart Moxham steht mit den frisch formierten Young Marble Giants auf der Bühne und spielt einen Gitarrenlauf wie ein Magermodell: wunderschön, aber viel zu dünn. Das Publikum aber mags lieber üppig. Jemand ruft: "Play Rock n Roll!" Und nach ein paar Chuck-Berry-Akkorden hält Moxham inne und sagt: "Das kannst du an jedem Abend überall in der Stadt hören. Wir spielen hier etwas ganz anderes." Etwas so anderes, dass man dafür keine eigene Kategorie fand, sondern nur die Negation einer alten: Post-Punk.
Und soviel in den letzten Monaten über den 30. Geburtstag des Punk geschrieben wurde, wie wenig war bislang zu lesen über die Zeit nach Punk, nach 1977. Als sich die ästhetische Formel etabliert und jeder Rebell einen Plattenvertrag hatte. Erst jetzt zieht Übersichtlichkeit und Kanonisierung ein: "Colossal Youth", das einzige Album der Young Marble Giants, erfährt als Post-Punk-Monolith nun eine Luxusneuauflage, und in Amerika durchpflügt eine Samplerreihe namens "Messthetics" die Unzahl winziger Privatveröffentlichungen aus den Jahren 77 bis 81.
Die Young Marble Giants bestehen damals aus Stuart Moxham, seinem Bruder Philip, dessen Freundin Alison Statton - und einer scharfen 180 °-Kurve. "Alle dort draußen machten so ziemlich das Gleiche", erinnert sich Stuart Moxham in einem Interview an die Zeit um 1979, "also war meine Idee: Lass uns einfach in die entgegengesetzte Richtung gehen und schauen, was man sonst noch machen kann: ruhig sein etwa, minimalistisch." Das Ergebnis waren aufs nötigste reduzierte Songs, in ihrer larmoyanzlos-melancholischen Art von entwaffnender Schönheit.
Gerade einmal fünf Tage brauchte die Band, um "Colossal Youth" aufzunehmen, eine der wenigen rundum perfekten Platten dieser Zeit. Kein Gramm Klang zu viel, alles feste musikalische Substanz. 15 Songs, so weit entfernt von Punk, wie man es zu dieser Zeit nur sein kann, melancholisch, ohne einen Hauch New-Romantic-Kitsch. Als die Platte Anfang 1980 in die Läden kommt, verkauft sie sich besser als Sicherheitsnadeln bei Vivienne Westwood.
Nun wird "Colossal Youth" mit einer kolossalen Neuauflage geadelt: als luxuriöse Doppel-CD, ergänzt um Single- und Demotracks, abgerundet durch das obligatorische dicke Booklet. Ein Denkmal von einer Wiederveröffentlichung, wie es auf dem kleinen Hyped-To-Death-Label bislang lediglich den Homosexuals vergönnt war. Einer Band, von der kaum jemand je gehört hat und die doch ein paar der großartigsten Verquickungen aus mitsingbarem Powerpop und britischer Psychedelia aufgenommen haben. Das macht die Homosexuals zur prototypischen Band auf diesem Label, das sich durch den Bodensatz der Nach-Punk-Ära gräbt: Die wenigsten von ihnen hat man zuvor je gehört, doch die meisten von ihnen machen verblüffend großartige Musik.
Chuck Warner, der das Label betreibt, will nicht weniger, als die Geschichte umschreiben. "Viele Leute glauben, jede Band um 1978 hätte wie die Undertones oder die Clash geklungen", sagt er. Dabei seien Gitarre-Bass-Schlagzeug-Bands damals in der Minderheit gewesen. "Mindestens die Hälfte der Bands hatten damals Bläser, Keyboards, ein Akkordeon, eine Geige - irgendein Instrument, das mit der Bilderbuchpunkidee von heute nichts zu tun hat."
Jede zweite Band hatte keine Lust, dem Drei-Akkord-Imperativ zu gehorchen, und wollte lieber ihr eigenes Ding machen: Do It Yourself, musikalisch wie ökonomisch. "It was easy, it was cheap. GO AND DO IT!", riefen die Desperate Bicycles, die vermutlich erste DIY-Band am Ende ihrer ersten Single. Kurz darauf brach der Damm.
An den entstandenen Sumpf wagte sich Jahre niemand mehr. "Punk ist sehr sorgfältig aufgearbeitet worden", sagt Warner. Ein paar hundert Compilations haben jede noch so abgelegene Punkszene dokumentiert. "Aber Post-Punk ist noch immer unerforschtes Terrain." Das ändert sich mit "Messthetics", seiner regional organisierten Samplerreihe über die Jahre 1977 bis 1981.
Bislang erschienen zwei Teile zur Szene in London und ein dritter über die Midlands. Gut 20 weitere Teile hat Chuck Warner in Planung, dann wäre Großbritannien erst einmal abgedeckt. Die auf "Messthetics" vertretenen Bands tragen Namen wie Collective Horizontal, Milkshake Melon, Dry Rib oder Digital Dinosaurs und sagen bestenfalls sozial verwahrlosten Sammlermaniacs etwas. Für alle anderen öffnet sich mit diesen CDs eine neue Welt.
Dabei sind Warners Exhumierungen nicht nur poparchäologisch honorig, sondern auch musikalisch famos. Die meisten der Messthetics-Bands hängen im stilistischen Niemandsland zwischen Punk und New Wave, Powerpop und Psychedelia. Und diese Mischungen lassen all die reglementierten Punkbands der Jahre zuvor erschreckend einfallslos klingen. Da sind zum Beispiel Twelve Cubic Feet, die den schüchternen Jingle-Jangle-Twee-Pop mit Frauengesang der C86-Generation schon vier Jahre früher spielten. Oder besagte Collective Horizontals, die 1979 so düster-verstörende Synthesizersongs spielten, dass Die Tödliche Doris sich hier ein bisschen was abgeschaut haben könnte. Oder Restricted Hours, die mit Bauhaus-Synthesizern und Handclaps zeigen, wie Gothic hätte Spaß machen können.
Das hört sich nicht nur abwechslungsreich an, das ist auch sehr kurzweilig. Ebenso wie Chuck Warners investigative Linernotes, die reichlich Querverbindung und Hintergründe offenbaren. So wird der demnächst erscheinende vierte "Messthetics"-Teil ("South Wales D.I.Y. and the Z-Block label") auch ein Stück der Boywonders enthalten, der Band von Stuart Moxham kleinem Bruder Andrew. Leicht könnte man den Fehler begehen und Chuck Warner einen Plattensammler mit missionarischem Eifer nennen. Dabei hat Warner eigentlich viel größere Absichten. "Ich sehe mich heute weniger als Sammler, sondern eher als Kurator, der die besten Stücke eines versunkenen Schatzes rettet und einem neuen Publikum präsentiert."
Young Marble Giants: "Colossal Youth" (Domino/ Rough Trade); "Messthetics" über www.hyped2death.com
Colossal Youth And Collected Works
Genre: Post Punk
Bitrate: 192 kBit/s (VBR)
Year: 1980/2007
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