Hier fällt es mir echt schwer die richtigen Worte zu finden, da dies eigentlich nicht ganz meine Musikrichtung ist, aber ich finde S&D einfach klasse. Die haben etwas (was in dem Text unten gut beschrieben ist) was ich so halt kaum beschreiben könnte.
This Gift - oder: mit dem Rollercoaster durch vier Jahrzehnte Rock'n'Roll.
Große Worte, große Torte
Die Sons & Daughters buttern jede Menge Vanille in ihre grundsätzlich schlanken Rock'n'Roll-Songs und dennoch löst dieser Kalorienreichtum auch nach zwölf Songs kein Völlegefühl aus - obwohl man sich beim Dessert angelangt dann doch etwas mehr Abwechslung gewünscht hätte. Gemundet hat es trotzdem vorzüglich. Gitarrist Scott Patterson verweist diesbezüglich auf die finale Kreation des Chefkochs Bernard Butler, der als Gitarrist schon bei den Britpop-Pionieren Suede ein passionierter Kostveredler war und nur selten mit Pathos und Sahnehäubchen sparte.
Butler wurde als Produzent von 'This Gift' verpflichtet und hat sich mit Patterson dem Vernehmen nach so manchen Fight im Aufnahmestudio zu London geliefert, dessen Schlüsselsbesitzer auf den Namen Edwyn Collins hört, der - so wie Nick Cave, Franz Ferdinand und die White Stripes - auf den Dekaden umfassenden Rock der Sons & Daughters schwört und vor einigen Jahren mit ihnen die Single 'Dance Me In' eingespielt hat.
Die Oberfläche des neuen Sons & Daughters Songmaterials schillert und funkelt wie ein klarer Gebirgsbach oder die Motorhaube eines goldfarbenen Chevy aus den 60er Jahren. Je nachdem in welcher Region man sich diese ort- und zeitlose Platte zu Gemüte führt, denn trotz Referenzsalat und Rollercoaster-Ride durch vier Jahrzehnte Rock'n'Roll, 'This Gift' ist im Hier und Jetzt zu Hause. Dass die Texte von Sängerin Adele Bethel da und dort mit roten Fingernägeln am Lack kratzen und Themen wie Celebrity-Wahn und Sehnsuchtskatastrophen verhandeln ('Gilt Complex', 'Flags', 'This Gift' und 'Split Lips') kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Brüche und gegen die gute Laune gekämmten Zwischentöne der beiden Vorgängeralben 'Love The Cup' (Re-Release 2004) und 'The Repulsion Box' (2005) von Butler mit reichlich Pomade frisiert wurden. Das trübt die Qualität und Hörfreude dieser zwölf Songs aber nicht im Geringsten, denn man hört ihnen im positiven Sinn an, dass die Band genau das angestrebt hat, "ein Pop Album" aufzunnehmen, wie Scott Patterson im Interview erklärt. In der schwarzern Bikerjacke und mit blonder Rockabilly-Tolle wirkt der schmächtige Gitarrist im Büro der Berliner Plattenfirma ein wenig wie der kleine Bruder von "Stray Cat" Brian Setzer. Eddie Cochran ginge durchaus als Großpapa durch. Geistiger Vater war dann aber doch der für Legionen romantischer Pop-Rebeleros unabkömmliche Morrisey und seine Band The Smiths - sowohl für Patterson als auch die Sängerin Adele Bethel "der Grund, überhaupt mit der Musik anzufangen".
Die nach einer Songzeile von Bob Dylan benannten Sons & Daughters sind eine Band mit Stil, die weiß, dass Hipster-Konformismus damit kaum in Einklang zu bringen ist und wohl auch deshalb so ungeschminkt wirkt. Das gemischte Doppel (neben Adele und Scott noch Ailidh Lennon am Bass und David Gow am Schlagzeug) wildert zwar hörbar in den Revieren des Rockabilly, 60ies Girlgroup-Sound, Punk before Hardcore, Glam und auch in der 4/4 Indiedisco, verfügt aber über die notwendigen Mitteln, ihr eigenes Ding daraus zu machen. Muffiges Rock'n'Roll-Museum hört sich jedenfalls anders an.
Ich glaube ohnehin, dass man viele Faktoren benennen kann, die eine gute Band von den Hunderten nicht so tollen unterscheidet (im Fall der Sons & Daughters u.a. die Live-Qualität) und dass diese Faktoren durch Übereinstimmung sogar bis zu einem gewissen Grad objektivierbar sind. Ich bin aber auch davon überzeugt, dass der Kern des musikalischen Eigenlebens, dieser singuläre Ab- und Ausdruck immer ein Geheimnis bleiben wird, an dem das Herumdeuteln freilich nicht nur Spaß macht, sondern auch sehr aufschlussreich sein kann.
Die Songs der 2001 aus der Tourband von Arab Strap hervorgegangenen "Rocker lieben Mods" Formation erschließen sich jedenfalls sofort, sind Popmusik, die unmittelbar vom Sender zum Empfänger fließt, haben Drama und Verve, sind ein Sack voll Hits, bleiben sicher nicht für immer, auf alle Fälle aber bis zur nächsten Party.
Adele Bethels Stimme zählt mit zu den besten des Genres. Dabei reizt sie ihr Register nie so weit aus wie etwa viele der zeitgenössischen R&B Diven, die mittels Timbre-Attacken für Schauerzustände in überheizten Wohnzimmern sorgen. Scott Patterson weiß schneidige Riffs zu spielen, die auch bei Josh Homme lässige Hüftschwünge auslösen würden. Im Wechselgesang der beiden werden viele "Ah-ha-ha-has" und "Oh-ho-ho-hos" ausgetauscht und der Ballroom im Petticoat mit Marge Simpson Frisur und heavy Mascara gerockt, bis der Punk um die Ecke schaut.
So erinnert diese Platte in den besten Momenten an die Dringlichkeit der frühen Patti Smith, die Verheißungen der Ronettes oder an die Energie von Wire, in den wenigen schlechteren hingegen an die Glätte einer Katarina And The Waves (remember 'Walking On Sunshine'). Obwohl: Bei den Sons & Daughters hätte auch der Sonnenschein einige Kratzer. Ob die wohl schmerzen würden?
q: fm4v2.orf.at
This Gift (2008)
01. Gilt Complex
02. Split Lips
03. The Nest
04. Rebel With A Ghost
05. Chains
06. This Gift
07. Darling
08. Flags
09. Iodine
10. The Bell
11. House In My Head
12. Goodbye Service
Bitrate: 320 kBits
pw: likedeeler
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