Manch einer von Euch kennt sicherlich noch Nationalgalerie. Lieder wie Evelin oder Tütensuppe sind unvergessen. Hier ist das neueste Machwerk vom Nationalgalerie-Sänger. Die Texte sind klasse, musikalisch geht's mir vielleicht ein wenig zu poppig zu. Doch hört selbst mal rein.
Selten klang Pop so klug, Alltag so ungewöhnlich und Wehmut so angenehm. Der Singer-Songwriter Niels Frevert erzählt auf seiner Platte "Du kannst mich an der Ecke rauslassen" vom Glanz kleiner Momente.
Wenn akustische Gitarren, Piano und Streicherarrangements zum romantischen Tanz aufspielen, ist sonst eher Schweres, Süßliches oder Oftgehörtes angesagt. Doch Niels Frevert stemmt seine kluge Poesie sogleich wie ein Kitsch-Brecher gegen die wogenden Violinen und verwandelt sie in angenehm leicht klingende Begleitung. Von Alltagsdingen, undefinierbaren Empfindungen, flüchtigen Momenten und einfachen Gegenständen singt er: Waschmaschinen, Wellen, Zweifeln und Freundschaft. Dass dieser Wahrnehmungsreigen nicht banal anmutet, liegt an der Schönheit und Intelligenz von Freverts Reimen, die wie Stimmungsbilder funktionieren.
Der Singer-Songwriter aus Hamburg ist schon länger auf der Musikbühne unterwegs: Von 1991 bis 1996 war er Sänger und Texter der Band Nationalgalerie, mit der er vier deutschsprachige Platten veröffentlichte. Sein Debüt-Soloalbum ("Niels Frevert", 1997) liegt bereits elf, sein letzte Platte "Seltsam öffne dich" (2003) fast fünf Jahre zurück. Album Nummer drei "Du kannst mich an der Ecke rauslassen" scheint nun auf den ersten Blick mit nur neun Stücken überraschend kurz. Doch ist das Resultat eine wohl gefilterte Zusammenstellung, auf der sich Frevert trotz allem Zeit lässt für Vorspiele und ausschweifende Instrumentalstrecken. Sie geben den Texten Raum zum Atmen und dem Hörer Platz zum spielerischen Weiterdenken, auf seiner Suche nach Antworten, die in den Liedern immer neu angestoßen wird. So im selbstreferentiellen Song "Der Typ, der nie übt", dessen heitere Selbstanalyse ungemein beschwingt ("Sprang für Geld aus Telegramm-Torten/hatte früher Autogrammkarten/unterschrieben mit der Typ, der nie übt/wie ein Hellseher, der schief im Dunkeln liegt/[...] Mit einem blassen Schimmer/die Frage ist wie immer/wie es weiter geht/mit dem gewagten Plan/und der leisen Ahnung/worum es eigentlich geht").
Suche, Flucht und Ankommen liegen auf diesem Album eng beieinander, getragen vom positiven Sound der Instrumentierung. Zu jazzig lockerem Beat singt Frevert in "Ich möchte mich gern von mir trennen" - das im Original von Hildegard Knef stammt - über ewige Selbstzweifel, den Wunsch, sich zu entfliehen und die schwierige Aufgabe, sich zu lieben. Der nonchalante Ton dieses "inneren Monologs" macht die Klage fast beiläufig, als kehre sie ab und an selbstverständlich wieder ("Ich nahm auf mich leider nie Rücksicht/von mir tief gekränkt steh ich hier/deshalb nehm ich lieber zur Vorsicht/auf längre Zeit Abstand von mir").
Wie ein bewegender Kurzbesuch in der Heimat klingt dagegen der zärtliche Song "Niendorfer Gehege", Freverts Geschichte von der Begegnung zweier alter Freunde. Er beschreibt den Moment, in dem die alte Vertrautheit schön und warm zurückkehrt und sogleich in Zwist tritt mit dem seltsamen Gefühl der Veränderung ("Es tut so gut dich wiederzusehen/'n bisschen komisch, in den Arm zu nehmen/mein Freund, ich geb ein' aus/was willst du trinken./Stell dich zu mir/erzähl breit und lang/wie es dir in der Zwischenzeit ergang/hier ist genug Platz für krumme Gedanken.")
Die Ballade "Aufgewacht auf Sand" als letzter Song der Platte führt schließlich mit sanften Gitarrenmelodien ins Atmosphärische - dorthin, wo Alltagssuche und Traumheimat sich begegnen ("Eingeschlafen und/aufgewacht auf Sand/den Wellen in der Nacht/hinterher gerannt"). Die unaufgeregte, ein wenig rauchige Stimme Freverts streut hier leichte Wehmut, bleibt aber fern von depressiven Jammerarien. Was auf diesem gelungenen Pop-Album an Sehnsucht und Melancholie erklingt, ist relaxt, wohlig und schmeichelnd, vertrautes Gedankengut vieler (Tag-)Träumer und Viel-Denker - diese Songs könnten zu ihren treuen Begleitern werden.
Quelle: ard.de
Du Kannst Mich An Der Ecke Rauslassen
Title
01 Baukran
02 Du Kannst Mich An Der Ecke Rauslassen
03 Ich Möchte Mich Gern Von Mir Trennen
04 Waschmaschine
05 Der Typ, Der Nie Übt (Worum Es Eigentlich Geht)
06 S.O.S.
07 Niendorfer Gehege
08 Genug Ist Genug, Gnu
09 Aufgewacht Auf Sand
Genre: Indie
Bitrate: 118 kBit/s (VBR)
Year: 2008
3 Kommentare:
schade, ich weiß nicht wie es dem rest ergeht, aber entweder ich bin zu blöd die kätzchen bei rapidshare zu erkennen oder irgendwas läuft da falsch, jedenfalls komme ich nicht an den download...
prima, in der happy-hour von rapidshare hat's endlich geklappt, blöde idee mit den kätzchen in den buchstaben für die free-user... nun denn, schöne platte von niels frevert, vielen dank und grüsse aus mexiko!
Könnten Sie die weiteren Alben von Niels auch hochladen?
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