Petra Pau stellte in Ihrer jüngsten Presseerklärung fest, dass die Zuständigen sich die Realität schön rechnen. Aufschlussreich ist an dieser Stelle das Protokoll der 132. Sitzung des deutschen Bundestags vom 12. Dezember 2007. Die Genossin Pau stellte in dieser Sitzung zwei Fragen zum Umgang und Haltung der Bundesregierung zu den offensichtlich falschen Zahlen. Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: Die Frage 15 des Kollegen Volker Beck (Köln) wird schriftlich beantwortet. Damit rufe ich die Frage 16 der Kollegin Petra Pau auf: Wie geht die Bundesregierung mit der Tatsache um, dass das sachsen-anhaltinische Landeskriminalamt und Mitarbeiter des dortigen Innenministeriums die Zahlen rechtsextrem motivierter Straftaten bewusst geschönt haben, indem man rechtsextreme Straftaten wie „Hakenkreuzschmierereien“ und „Sieg-Heil“-Rufe nicht mehr als solche einstufte und damit die Statistik zumindest für das Jahr 2007 um 200 Fälle senkte? Peter Altmaier, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister des Innern: Frau Kollegin Pau, ich kann dazu sagen, dass die abschließende Bewertung einer Tat als politisch motivierte Straftat und ihre Zuordnung zu einem der Phänomenbereiche dem jeweils zuständigen Landeskriminalamt obliegt und dass die Fachaufsicht über die Landeskriminalämter, wie Sie wahrscheinlich wissen, nicht die Bundesregierung, sondern das jeweils zuständige Landesinnenministerium ausübt. Deshalb möchte die Bundesregierung diesen Vorgang nicht kommentieren. Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: Eine Nachfrage, Frau Kollegin? Petra Pau (DIE LINKE): Ja; danke, Frau Präsidentin. Herr Staatssekretär, mir ist natürlich bekannt, wer die Fachaufsicht hat. Aber nun ist dieses Landeskriminalamt – wie die Landeskriminalämter der übrigen Bundesländer – für Sie sozusagen Zulieferer des entsprechenden statistischen Zahlenmaterials, von dem Sie ausgehen, wenn Sie zum Beispiel mir monatlich die Antwort auf meine Kleine Anfrage zum Thema „rechtsextrem motivierte Straf- und Gewalttaten“ zustellen. Deshalb wiederhole ich meine Frage: Wie geht die Bundesregierung mit der nun offenkundigen Tatsache um, dass im Land Sachsen-Anhalt und nach Behauptungen des Sprechers des Innenministeriums des Landes Sachsen-Anhalt auch in anderen Bundesländern zumindest im Jahre 2007 die Anzahl dieser Straftaten verfälscht wurde? Denn in der Konsequenz müssen Sie ja auch mir falsche Antworten gegeben haben. Peter Altmaier, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister des Innern: Frau Kollegin, ich denke, dass sich die Antwort auf Ihre Frage aus der Antwort auf die Frage 17, die Sie gestellt haben, ergibt. Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: Dann rufe ich hiermit zugleich die Frage 17 der Kollegin Petra Pau auf: Welche Initiativen hat die Bundesregierung im Rahmen der Innenministerkonferenz ergriffen, um zu verhindern, dass die Verfahrensregelungen zur Erfassung rechtsextrem motivierter Straftaten von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Landes- und Bundesbehörden verletzt werden, weil man sich gegen „Fehlinterpretationen und ungerechtfertigte Bewertungen“ schützen wolle? Peter Altmaier, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister des Innern: Hierzu kann ich Ihnen sagen, dass die Frage der Einstufung als politisch motivierte Kriminalität wiederholt Gegenstand der Beratungen der IMK und der nachgeordneten Gremien gewesen ist. Vor allem in der eigens zu diesem Zweck geschaffenen und regelmäßig tagenden Arbeitsgruppe „Qualitätskontrolle PMK“ – politisch motivierte Kriminalität – werden festgestellte Einzelprobleme erörtert und Lösungsvorschläge erarbeitet. Dieses Gremium hat seit seiner Gründung bereits über 20 Mal getagt, und dort wird über diese Fragen, die Sie ansprechen, intensiv diskutiert. In all diesen Gremien und auch in dieser Arbeitsgruppe wurde und wird seitens des Bundesinnenministeriums bzw. des Bundeskriminalamtes die Zielsetzung verfolgt, bei den Ländern auf eine einheitliche Anwendung des Definitionssystems „politisch motivierte Kriminalität“ hinzuwirken. Das ist die Absicht der Bundesregierung, und dafür setzen wir uns auch ein. Das ändert aber nichts daran, dass die Kompetenzen in diesen Fragen bei den Ländern liegen. Das heißt, auch diese Arbeitsgruppe kann keine verbindlichen Beschlüsse fassen; sie kann nur versuchen, durch ständige Diskussionen auf eine gemeinsame, einheitliche Praxis hinzuwirken. Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: Ihre weitere Frage. Petra Pau (DIE LINKE): Zum Thema Qualitätskontrolle. Ist Ihnen denn im Rahmen dieser regelmäßigen Beratungen bekannt geworden, in welchen weiteren Bundesländern es in diesem Jahr oder in den vergangenen Jahren eventuell Probleme mit der Zuordnung solcher Straftaten gegeben hat? Gibt es auch eine Aussage dazu, wie viele Straftaten auf diese Art und Weise wahrscheinlich nicht in die Statistik gelangt sind? Peter Altmaier, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister des Innern: Nein. Ich kann Ihnen keine Zahlenangaben machen. Wir haben allerdings sehr oft Diskussionen darüber, wie Straftaten einzuordnen sind, wenn sie anonym begangen werden. Hier gibt es durchaus leichte Unterschiede in der Praxis einzelner Bundesländer. Es ist ja gerade das Ziel dieser Arbeitsgruppe, diese Unterschiede so weit wie möglich zu reduzieren. Ganz ausschließen kann ich aber nicht, dass es hier im Einzelfall zu unterschiedlichen Bewertungen gekommen ist. Mir liegen aber keine Zahlen vor. Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: Wenn ich das richtig gehört habe, dann haben Sie schon auf die Frage 17 der Kollegin Petra Pau geantwortet. Sie hat aber noch die Möglichkeit, Zusatzfragen zu stellen. Petra Pau (DIE LINKE): Genau. Ich danke. – Sie haben gerade noch einmal auf das Problem der anonymen oder vielleicht nicht ganz zuzuordnenden Straftaten aufmerksam gemacht. In dem Zusammenhang stelle ich meine Nachfrage. In Ihrer Antwort auf eine Anfrage von mir haben Sie mitgeteilt, dass in den Jahren 2002 bis heute zum Beispiel 237 Schändungen von jüdischen Friedhöfen nicht Eingang in diese Statistik gefunden haben. Hat im Rahmen der Beratungssitzung Ihrer Arbeitsgruppe auch die Frage eine Rolle gespielt, auf welche Art und Weise solche zumindest zu vermutenden antisemitisch motivierten Straftaten in Zukunft Eingang in die Statistik finden können, um sich etwas genauer mit der Situation vertraut machen zu können? Peter Altmaier, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister des Innern: Das ist ja das Problem, das ich bereits angesprochen hatte. Bei bestimmten Propagandadelikten – insbesondere bei der Verbreitung und Verwendung verbotener nationalsozialistischer Symbole, wie zum Beispiel Hakenkreuze und SS-Runen – ist die Frage, ob diese immer, ständig und regelmäßig dem Phänomenbereich „PMK rechts“ zuzuordnen sind, sofern keine gegenteiligen Hinweise zur Tätermotivation vorliegen, oder ob man dies nicht generell, sondern nur dann tun kann, wenn Hinweise auf die Tätermotivation vorliegen. Ansonsten gibt es nämlich auch die Möglichkeit einer Tatbegehung durch schuldunfähige Personen, zum Beispiel durch Kinder oder geistig Verwirrte. Darüber ist in dieser Arbeitsgruppe wiederholt und mehrfach diskutiert worden. Die Diskussionen haben aber noch nicht zu einem abschließenden Ergebnis geführt. Präsident Dr. Norbert Lammert: Weitere Zusatzfrage? Petra Pau (DIE LINKE): Ja, ich habe noch eine weitere Zusatzfrage. – Wie Sie wissen, stellen meine Fraktion und ich diese Anfragen nicht aus Lust am Zahlenmaterial, sondern weil wir auf der Grundlage der Auskünfte, die uns die Bundesregierung gibt, versuchen wollen, einen Befund über die tatsächliche Situation in diesem Bereich zu erhalten, um dann darüber zu debattieren, wie man gegen rechtsextrem oder antisemitisch motivierte Straf- und Gewalttaten vorgehen bzw. Prävention betreiben kann. Deshalb frage ich die Bundesregierung: Haben die vorliegenden Statistiken – seien die Zahlen nun zu niedrig oder richtig – bei der Vergabe der Mittel aus dem Bundesprogramm zur Stärkung von Demokratie und Toleranz sowie zur Unterstützung von mobilen Beratungsteams und Initiativen vor Ort eine Rolle gespielt? Peter Altmaier, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister des Innern: Ich kann Ihnen diese Frage leider nicht aus dem Kopf beantworten. Ich biete Ihnen aber an, dass wir Ihnen eine schriftliche Antwort zukommen lassen. Petra Pau (DIE LINKE): Danke schön. Präsident Dr. Norbert Lammert: Dazu gibt es jetzt noch eine Zusatzfrage des Kollegen Kurth. – Bitte schön. Markus Kurth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Nur zur Klärung, ob ich das eben richtig verstanden habe: Hält es die Bundesregierung tatsächlich für möglich, dass eine so große Anzahl von Propagandadelikten, wie Hakenkreuzschmierereien, von, wie Sie es nennen, sogenannten geistig Verwirrten und Kindern verübt wird, sodass allen Ernstes überlegt wird, diese Propagandadelikte nicht in die Statistik für politisch motivierte Straftaten aufzunehmen? (Beifall des Abg. Dr. Diether Dehm [DIE LINKE]) Peter Altmaier, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister des Innern: Herr Kollege Kurth, Sie sollen schon den Versuch unternehmen, mir genau zuzuhören. Genau das, was Sie unterstellen, habe ich nämlich nicht gesagt. Markus Kurth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Darum frage ich ja. Peter Altmaier, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister des Innern: Ich habe darauf hingewiesen, dass es in der von mir zitierten Arbeitsgruppe der IMK Diskussionen zu diesem Thema gegeben hat. Die Bundesregierung hat die Auffassung, die Sie zitieren, nicht vertreten. Präsident Dr. Norbert Lammert: Nun ist dieses Missverständnis hoffentlich auch ausgeräumt. (Dr. Thea Dückert [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Na ja!) Dann sind wir am Ende dieses Geschäftsbereichs. Ich bedanke mich beim Kollegen Altmaier.
Wen Dich die Antworten der Regierung interessieren, lies weiter!
Bather at Deauville by Kees van Dongen
-
Cornelis Theodorus Maria "Kees" van Dongen (26 January 1877 – 28 May 1968)
was a Dutch-French painter who was one of the leading Fauves ("Wild men" =
th...
vor 15 Stunden
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen