Berlin unplugged: Auf seinem Debütalbum So sah die Zukunft aus erweckt Marcus Winson den ebenso berühmt berüchtigten wie fast schon vergessen geglaubten Kreuzberg-Charme zu neuem Leben. Mit Low-Fi-Sound und brillanten Texten gelingt es ihm auf diesem Album, das Lebensgefühl einer bunten Gesellschaft um sich herum unter einen Hut zu bringen
Marcus Winson ist weit mehr als ein guter Songwriter und Musiker. Ohne seine messerscharfe Beobachtungsgabe wäre dieses Album nicht geworden, was es nun ist: ein ebenso intelligent-tiefgründiger wie amüsanter Streifzug durch das früher so berüchtigte Berlin SO 36. Was einst von der Nina Hagen Band, Spliff und Ideal so mutig begonnen wurde und sich in späteren Jahren im Sande verlief (Funny van Dannen gerechterweise ausgenommen), findet nun auf Marcus Winsons So sah die Zukunft aus eine würdige Fortsetzung. Winson arbeitet mit Banalitäten, die auf der Straße liegen und seinen Alltag ausmachen: Der Song "A Ecke O" hat denn auch nichts weiter zum Gegenstand als die Überquerung der Kreuzung Ecke Oranien- und Adalbertstraße. Interessant genug ist es allemal und bleibt es auch nach oftmaligem Anhören, wenn sich hinter dem Wortwitz nachdenklichere Zwischentöne offenbaren.
Die Neue Deutsche Welle lässt grüßen, und zwar nicht nur in puncto Texten, sondern auch Sound. Hausgemacht und billig, beschönigt er nicht seine Herkunft, sondern macht aus der Not eine Tugend: dreckige Gitarre, scheppernde Drums; nicht umsonst hat Winson früher Metal gespielt. So erfrischend trashig hat schon lange niemand mehr gerockt. Die Musik des Wahlberliners ist schnörkellos und hart wie die Welt der Sozialbauten, Supermärkte und Imbisse seines Kiezes. Das hat ihm den Ruf eingetragen, "der einzig wahre Frankfurt-Kreuzberger Electro-Dylan 2004" zu sein.
Zuvor jedoch musste Produzent Olaf Opal Geburtshilfe leisten und die Stücke auf Winsons Rechner der breiteren Öffentlichkeit zugänglich machen. Seine Begeisterung für Winsons Musik sprang wie ein Funke auf das Publikum über. Innerhalb kürzester Zeit avancierte die erste Single "Wo lebt eigentlich Peter" zu einem Ohrwurm: "Schicke Klamotten, Mädchen im Arm und schon geht er, schon geht er wieder, der Peter. Ick frahre mir: Wovon lebt er? Wovon lebt eigentlich Peter?" Glücklicherweise hat sich Winson aus der Larve der Eintagsfliege als schillernder Schmetterling entpuppt und mit seiner zweiten Single "Liebeskummer is Luxus" nachgelegt, die ebenfalls auf dem Album vertreten ist. Bleibt zu hoffen, dass sich Marcus Winson mit den 14 Titeln plus fünf Bonustracks auf So sah die Zukunft aus seinen Ruhm sichern kann -- zumindest für die Dauer eines Sommers.
--Andreas Schultz
So sah die Zukunft aus
Title
01 Auf die schnelle Tour
02 Liebeskummer is' Luxus
03 Wovon lebt eigentlich Peter?
04 Sag ja
05 In die Augen
06 Was soll ich sonst tun?
07 Jemand zu Hause
08 I love you so
09 On it
10 Irgendwas stimmt hier nich'
11 Dich besuchen
12 A Ecke O
13 Radio an
14 Kurt Krömer sacht auf Wiedersehn
15 Wovon lebt eigentlich Peter? (metall-peter)
16 Liebeskummer allein zu Haus
17 Swingerclub
Genre: Pop/Funk
Bitrate: 160 kBit/s
Year: 2004
Blue Angel
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...
vor 18 Stunden
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