Und wieder einmal ein Album, dass uns Bombe aus seinem großen Liedermaching Repertoire zur Verfügung gestellt hat.
Burger (nicht Börger!) kommt aus dem schönen, friedvollen Bad Gandersheim und ist seit 1989 - wenn nicht auf Solopfaden wandelnd, der stimmliche Kopf und Songwriter der Punkcombo Die Schröders und seit November 2003 eines der sechs smarten Mitglieder der Songwriter-Equipe Monsters Of Liedermaching, den kreativträllernden Wilden, bewaffnet mit Konzertklampfen, schachtelweise Marlboro neben den Bühnenbarhockern, die Gerstenvitamine immer griffbereit. Nebenbei (oder Hauptbrötchen ertragstechnisch) betreibt Jens Burger eine recht flott florierende Werbeagentur. Da fragt man sich, woher nimmt dieser Typ all seinen genialen Gedankenfluß, woher die Energie, diesen in kleine Songhäppchen verpackt, in uns weiterströmen zu lassen?
Der Anstoß, sich solo zu versuchen, ergab sich auf einem Schröder-Konzert, bei dem sich technische Probleme auftaten. Burger überbrückte locker mit begleitklampften Einlagen, was sich als Erfolg herausstellte. Seither haben diese Solo-Einlagen auf den Schröders-Gigs ihren festen Platz im Programm. 1996 begann Burger, eigene Songs für sein Debüt-Solo-Album zu schreiben und aufzunehmen, für das er sich locker sechs Jahre Zeit ließ. "Frischfleisch" wurde langsam aber sicher innerhalb dieser sechs Jahre gebaut und erfasst. Burger schrieb, produzierte, spielte ein und nahm auf, als Ein-Mann-Band, worüber sogar ein autentischer Song vorliegt. Weitere Aufnahmen wurden live gemacht und während des 2002er Liedermacherfestivals im Hamburger Logo festgehalten, wenn auch nur mit einem Walkmanmikrofon, was allerdings der Ausstrahlung dieser Live-Songs so gar keinen Abbruch tut. Scheiß auf den Sound, wenn das Gefühl stimmt und rüberkommt.
Live, ob nun solo oder in schützender Begleitung seiner "bösen" Punk-Brüder bzw. extremen Lieder machenden Liedermaching-Kumpels räumt der anfangs immer etwas artig und still rüberkommende Burger mächtig ab. Er zieht seine Leute vor der Bühne subito in seinen Bann, wickelt sie ein, nimmt sie mit und lässt sie meistens auch nie wieder los. Ein Lieder schöpfender Zauberlehrling, der weiß, was er will. Herr Burger ist Pausenclown, Entertainer, Bänkelsänger und Poet in einer Hülle. Er verfügt in seinen Texten über die gewisse Portion Rotzlöffeligkeit, nach der die Songwriter-Fan-Nation schreit und giert. Burger selbst beschreibt sein erstes Album kurz mit "...typisch ich eben".
Dieser Frischfleisch-Produzent verfügt über ein trickreiches Händchen, nur mit Konzertgitarre Ohrwürmer zu fabrizieren, die aus unseren Gehörgängen Hackfleisch machen, das so zu musikalischen Proppen gedreht wird, dass die Songs nicht wieder herausfallen können, plopp, fest. Burger`s Songs sind textliche Alltagsschmanckerl, die wir so oder so alle erleben oder durchlebt haben, sei es nun traumatisch oder live und in coleur. Sein neurotisches "Lampenfieber" wird genauso durchleuchtet und kund getan wie die Geschichte aus der unbekannten Stadt, unterwegs mit der "Ein Mann Band". Es entsteht der Eindruck: Stellt den Burger vor Karstadt ab, und die Pleite wird ruckzuck abgewendet ... Seine Kumpels beschäftigen sich mit den Unwichtigkeiten des Lebens, aber Burger will einfach nur "Küssen". Recht so :-) Dann hat Burger wieder sexkranke Ex-Punker am Arsch, nämlich sich selbst. Sehr sympathisch, dass er sich selbst nicht so ganz ernst nimmt und drüber lachen kann. Eins der wunderschönsten, romantischsten Liebeslieder des Jahrhunderts wurde mit "Der Fisch" geschaffen. Diese schatzige Geschichte läuft vor den Augen des Hörers ab wie ein Kitsch-Kinofilm, hach. Wie kommt man auf so etwas schönes?! Plötzlich denkt man über glitschige, grüne Fischgestalten doch ganz anders und ist selbst ganz verliebt.
Die Nordseekrabben swingen plötzlich im Meer. Burger als Frauenkenner (oder gar -versteher)? "Tod In Der Nordsee" handelt von menstruierenden Frauen, die einem wie Burger den Badeurlaub verhageln können, wenn die Sonne blutrot am Horizont steht. "In der Regel zieht frau die Haie an". Hot stuff, aber scharf beobachtet, mein Freund. Man kann so herzhaft drüber abschnattern, dass wirklich jegliche Verkrampfungen schwups zum Mond sind. Hach, die Alice-Nation wird`s ihm (bei Gelegenheit) gebührend danken. Einen Nachdenker der besonderen Art kredenzt man uns auf "Frischfleisch" mit "Pessimismus". Wer hat sich noch nicht die Frage gestellt, was wäre, wenn morgen die Welt untergeht. Burger verrät uns, was ihm so lüsten täte ... Eine Zuhör-Nummer, die durch zarte Saitenklänge und auf dem Gitarrenbauch geklopftem Rhythmus überzeugt. Etwas flotter geht`s bei "Thomas" zu, ein Alltags-Name als Synonym für Chef-Arschlocherei. Fast zu Tränen rührt die Nummer "Supermann", der plötzlich arbeitslos geworden ist, der des nachts wie ein Schlosshund heult, sich dafür schämt, obwohl er doch Supermann ist. So einfach erklärt sich Deutschlands (hoffentlich nur) momentane Situation. Songs wie dieser machen Burger`s Musik spannend, nah, tiefgründig, ergründend und massentauglich. An seiner Passion lässt Burger uns auch teilhaben: "Mädchen", wenn auch manchmal optisch scheiße, dann wenigstens nett ...
Komprimiertes Fazit: Burger`s Texte sind ehrlich wie Mensch morgens um 4 beim ersten Hahnenschrei nur sein kann, sind liedermachingmännisch cool verpackt und reizen zum Auswickeln. Man sollte mit einer Unterschriftenliste durch`s Land ziehen und sich dafür einsetzen, dass diese Scheibe schnellstmöglich in jeder Schlachterei unseres Vertrauens vertickt wird.
Frischfleisch
Title
01 Küssen
02 Lampenfieber
03 Ein Mann Band (Live)
04 Sexkranker Ex-Punker
05 Der Fisch
06 Dramatischer Rocksong
07 Tod In Der Nordsee (Live)
08 Pessimismus
09 Thomas
10 Supermann
11 Mädchen (Live)
Genre: Liedermaching
Bitrate: 205 kBit/s (VBR)
Year: 2002
Bather at Deauville by Kees van Dongen
-
Cornelis Theodorus Maria "Kees" van Dongen (26 January 1877 – 28 May 1968)
was a Dutch-French painter who was one of the leading Fauves ("Wild men" =
th...
vor 10 Stunden
1 Kommentar:
...um das woher zu erklären: burger erzählte letzte woche auf dem konzert der schröders in HH, er hätte mindesten zwei ideen bei den 'nematoden' geklaut (die bei den schröder vorgruppe waren). und die waren echt klasse!
Kommentar veröffentlichen