Und weiter geht's mit Udo Lindenberg.
1980 produziert Lindenberg den Film Panische Zeiten, in dem er neben Karl Dall, Hark Bohm und Eddie Constantine als Schauspieler in einer Doppelrolle (als Detektiv Coolman und er selbst) auftritt. Die gleichnamige Platte erscheint im selben Jahr und auf der Tour gastiert Helen Schneider. 1981 erscheint neben der Single Wozu sind Kriege da?, einem Duett mit Pascal Kravetz, dem 10-jährigen Sohn des Panikorchester-Pianisten und ein weiteres Buch Rock und Rebellion – ein panisches Panorama. Die LP Udopia wird aufwendig und vielseitig zwischen hartem Rock und Chanson in Nassau und New York produziert. Nach der ausgedehnten Tour mit Inga Rumpfs Reality erscheint Anfang 1982 das Doppel-Livealbum Intensivstationen mit Mitschnitten der 1980er und 1981er Touren. Das letzte Album 1982 für seine langjährige Plattenfirma Teldec ist auch gleichzeitig das ungewöhnlichste. Keule wird auch als Lindenbergs Punkalbum betitelt. Neben minimalistischen Arrangements (Körper), brachialem Rock (Gesetz) und Texten voll beißender Gesellschaftskritik fällt vor allem das Cover mit Lindenberg als haarigem Neandertaler aus dem Rahmen. 1983 übernimmt Lindenberg neben Renan Demirkan und unter der Regie von Adolf Winkelmann eine Rolle im Film Super. 1983 wird das Lied Sonderzug nach Pankow aus der LP Odyssee, eine Adaption von Harry Warrens Chattanooga Choo Choo, sein bis dahin größter kommerzieller Erfolg und löst eine Diskussion in der Regierung der DDR aus, da Lindenberg deutlich den Wunsch äußert, in der DDR auftreten zu dürfen („All die ganzen Schlageraffen dürfen da singen...“). Im Oktober darf er dann im Palast der Republik in Ost-Berlin auftreten und feiert danach im Westen sein zehnjähriges Bühnenjubiläum auf der ausverkauften Berliner Waldbühne. Die Tournee 1984 durch die DDR wird allerdings trotz bereits geschriebener Hymne (Hallo DDR! auf der 1984er LP Götterhämmerung) von der dortigen Regierung abgesagt. Ähnlich ging es im gleichen Jahr der Gruppe BAP. Götterhämmerung überrascht ebenso wie der Vorgänger Odyssee durch neue Sounds. Disko-Funk (Commander Superfinger) verbindet sich mit schnoddrigen Texten mit hohem Aktualitätsbezug. Sie brauchen keinen Führer bezieht deutlich Stellung zum Thema Neonazis. Jan Delay gibt diese Platte als eine mit großem Einfluss auf ihn an. Demzufolge finden sich Lindenberg-Samples aus dieser Zeit auf der ersten Beginner-LP und Delays erstem Soloalbum. 1985 kann Lindenberg nach ausgedehnter Sündenknall-Tournee (LP im Frühjahr mit einem Cover von Ich brech’ die Herzen der stolzesten Frau'n) in Moskau auftreten. Das Ergebnis ist die LP Radio Eriwahn, deren A-Seite neue Studiotracks (Moskau) und die B-Seite Livemitschnitte aus den Moskauer Konzerten enthält. 1986 stirbt Gabi Blitz, die Wegbegleiterin Lindenbergs und des Panikorchesters, an einer Überdosis Drogen. Lindenberg widmet ihr die Ballade Horizont („Ein Paar wie Blitz und Donner...“) und landet damit einen weiteren großen Hit. Das dazugehörige Album Phönix ist weitgehend elektronisch dominiert und enthält (unter der Regie von Horst Königstein) vor allem Vertonungen von Texten von Bertolt Brecht und Lieder von Friedrich Holländer in modernen Versionen.
1987 schenkt Lindenberg Erich Honecker bei dessen erstem BRD-Besuch in Wuppertal neben einer Lederjacke eine Gitarre mit der Aufschrift „Gitarren statt Knarren“ und erhält im Gegenzug eine Martinstrompete. Diese kommt auf der Hymne auf den „Generalsekretär“ vom Album Feuerland zum Einsatz. Für seine erste Tournee durch den Hammer-und-Zirkel-Staat muss er dennoch bis nach dem Mauerfall warten. Im Juni 1988 tritt Lindenberg zusammen mit zahlreichen Musikern, zum Beispiel Michael Jackson, Pink Floyd und Nina Hagen, beim Rockkonzert vor dem Reichstag in West-Berlin auf. 1988 widmet Lindenberg seiner Mutter Hermine die gleichnamige Platte, auf der er als Chansonnier Lieder von 1929 bis 1988 intoniert. Auf dieser Platte findet sich auch die letzte Tonaufnahme von Marlene Dietrich; aufgenommen 1987 in ihrer Pariser Wohnung, die sie seit Jahren nicht mehr verlassen hatte, werden die Bänder zu Lindenberg gebracht, der in einem nahen Café wartet. Auf Hermine finden sich neben Eigenkompositionen wiederum Lieder von Friedrich Holländer, Theo Mackeben und Texte von Erich Kästner. Lindenberg setzt diese Tradition später mit der LP Gustav (seinem Vater gewidmet), dem Belcanto-Album und seiner Atlantic-Affairs-Revue fort. Auf der folgenden Feuerland-Revue 1988 prallen die Chansons und der harte Rock des Panikorchesters aufeinander. Man geht danach erstmal getrennte Wege. Das folgende Album CasaNova wird komplett in London eingespielt und verzichtet größtenteils auf Rock zugunsten von Balladen und Schlüpfrigem (Klavierlehrerin, Dirty Old Man). 1989 stellt Udo Lindenberg mit El Panico seine erste Autobiografie vor. Kieran und Lukas Hilbert aus Tostedt, als Gäste bereits 1988 mit auf Tour, treten dem Panikorchester bei. Die Brüder übernahmen mit Trommler Jean Autret und Hendrik Schaper für mehrere Jahre die musikalische Begleitung Lindenbergs. Sie (ko-)produzieren zum Beispiel das Album Bunte Republik Deutschland, das pünktlich zum Mauerfall und nach einem überstandenem Herzinfarkt im November 1989 erscheint.
1980 Panische Zeiten
1981 Udopia
1982 Intensivstationen (Live Doppel LP)
1982 Keule
1983 Odyssee
1983 Lindstärke 10 (Live-LP)
1984 Götterhämmerung
1985 Sündenknall
1985 Radio Eriwahn
1986 Phönix
1987 Feuerland
1988 Hermine (Lindenberg singt Lieder von 1929 bis 1988),
1988 Gänsehaut (Balladen Sampler),
1988 Casa Nova (mit Zeus B Held)
1988 Horizont
1989 Bunte Republik Deutschland
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