Legen wir den Kalender doch mal einfach weg. In die unterste Schublade, ins hinterste Regal; dorthin, wo wir schon den Spiegel und die Faltencreme versteckt haben. Sonst könnten wir noch auf die Idee kommen, auf das Datum zu sehen. Plötzlich würde sich Vergänglichkeit ausbreiten und wir müssten feststellen, dass es mittlerweile unglaubliche zwanzig Jahre her ist, dass "Brand new toy" von den Jeremy Days knapp vor der Top Ten der deutschen Singlecharts stehenblieb. Der Song klang damals schon, als hätte er diese zwanzig Jahre bereits locker auf dem Buckel. Es ist an der Zeit, dass sich jetzt bitte ein Kreis schließen möge - damit Kalender, Spiegel und Faltencreme auch mal das Tageslicht genießen dürfen.
Insofern hat Dirk Darmstädters drittes Album unter eigenem Namen gleich die passende Antwort parat: "1989 forever" heißt einer der Songs, die wie gewohnt aus der Zeit fallen und sich nur um nette Harmonien und hübsche Melodien kümmern. Kümmern wollen, kümmern müssen, kümmern können. Es ist dieses Füreinanderdasein, dieses Umsorgen, von denen die Songs nicht nur erzählen, sondern dem sie sich auch gleich selbst widmen. Ein gutes Gefühl, mit der rechten Menge Dur und Moll versehen, steckt gleich im dezent losschunkelnden Opener "Everything beautiful". Es wird die nächste Dreiviertelstunde anhalten.
Dass Darmstädters fluffiger Gitarrenpop immer wieder schicke Details wie das Tröten in "1989 forever", die Pizzicatos im Opener, das gefilterte Scheppern in "The siegue of Quebec" oder den Backinggesang seiner Tochter in "Suitcase heart" mitnimmt, macht die Musik sympathisch. Bongos, Flöten, Ukulele - es sind nicht die gewöhnlichsten Instrumente, die hier erklingen. Doch sogar ein gewöhnlicher Songtitel wie "All summer long" sorgt mit Lalalas, twangenden Gitarren und süffiger Orgel für ein Lächeln im Gesicht, das angenehm wenig mit Südstaaten-Patriotismus, Werwölfen aus London und überhaupt mit Kid Rock zu tun hat.
Natürlich ist auf "Life is no movie" nicht alles eitel Sonnenschein, aber selbst die immer mal vorbeischlendernde Melancholie hält sich an die Regeln des Anstands. Auch dann, wenn der letzte Song über den eigenen Tod sinniert oder es im Titelstück mal "Life is no movie / It'll end in tragedy and pain" heißt. Die volle Ladung Arrangement flötet dort mit den Beach Boys und Phil Spector um die Wette. Und dann mopst auch noch die Orgel von "Moving satellites" bei Laid Backs "Sunshine reggae", um den Kopf nicht allzu tief hängen zu lassen. Immer wieder glitzert solch sorgfältig aufpoliertes Augenzwinkern durch die Songs. Die glänzen dabei zum Glück weder durch durchgeplantes Wohlgefallen noch mit ausdrücklich gewolltem Understatement. Es ist einfach nur entspannter Pop, um sich die Sonne aufs Gesicht, den Bauch oder die werdende Glatze scheinen zu lassen. Das gilt im März 2009 genauso, wie es für all die anderen Jahre galt und gelten wird. Zeit? Was ist Zeit?
Schnörkellose Verweise:
Live is no movie 2009
All summer long - Single 2009
Our favourite city 2007
Coming up for air 2005
Bather at Deauville by Kees van Dongen
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Cornelis Theodorus Maria "Kees" van Dongen (26 January 1877 – 28 May 1968)
was a Dutch-French painter who was one of the leading Fauves ("Wild men" =
th...
vor 17 Stunden
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