Mit Bewunderung und Erstaunen nehmen hiesige Gewerkschafter immer wieder zur Kenntnis, mit welch radikalen Kampfmethoden sich Kollegen auf der anderen Seite des Rheins gegen Unternehmerwillkür zu wehren wissen. Mittlerweile Standard ist das sogenannte Boss napping, bei dem Manager von den Arbeitern über Nacht – und manchmal tagelang – in der Fabrik festgehalten werden. Diverse Belegschaften haben so zumindest angemessene Abfindungszahlungen erkämpft. Dieses Ziel haben auch die Beschäftigten des insolventen Autozulieferers New Fabris im westfranzösischen Châtellerault. Doch sie drohen gleich damit, den Betrieb in die Luft zu sprengen.
Noch vor wenigen Monaten stellte die 366köpfige Belegschaft in Châtellerault Verteilerkappen und Auspuffe her, die zu 90 Prozent in die Fahrzeuge der beiden großen französischen Autokonzerne Renault und PSA Peugeot-Citroën eingebaut wurden. Anfang 2008 wurden zusätzliche Zeitarbeiter im Werk eingestellt, um die Großaufträge bewältigen zu können. Doch ab September blieben plötzlich die Zahlungen aus – das Unternehmen mußte am 16. Juni Insolvenz anmelden. Die Konzerne hätten New Fabris und seine Mitarbeiter einfach »fallengelassen«, sagt Guy Eyermann von der Gewerkschaft CGT in der Zeitung Le Parisien. »Die Leute hier sind im Schnitt 49 Jahre alt und seit 25 Jahren dabei – wo sollen sie neue Arbeit finden?«
In dieser verzweifelten Lage sind die Betroffenen offenbar zu mehr bereit als zu friedlichem Protest. »Wir haben Gasflaschen in die Fabrik gebracht«, berichtet Eyermann, der der CGT-Betriebsgruppe im Werk vorsitzt. Er droht: »Alles ist bereit, damit sie explodieren.« Über der Stromzentrale des Werks sollen die Sprengkörper platziert worden sein. Sie sollen gezündet werden, falls Renault und PSA ihren Zahlungsverpflichtungen nicht bis Ende Juli nachkommen. 30000 Euro für jeden Entlassenen fordert die kommunistisch orientierte CGT. Soviel hätten die Konzerne auch den rund 200 Beschäftigten eines anderen Zulieferers, des Aluminiumspezialisten Rencast, gezahlt.
»Wir werden nicht bis August oder September warten, bis PSA und Renault gelagerte Teile und Maschinen aus der Fabrik holen«, stellt Eyermann klar. Für die Autohersteller könnte das kostspielig werden: Auf einen Wert von etwa zwei Milliarden Euro werden die in Châtellerault gelagerten Teile geschätzt. Noch einmal soviel kosten die teils neuen Maschinen im Werk, die Renault gehören. Eyermann: »Wenn wir nichts bekommen, werden sie auch nichts bekommen.«
In der vergangenen Woche sind die New-Fabris-Beschäftigten in zwei Bussen nach Paris zur Peugeot-Zentrale gefahren. Am Donnerstag sollen Delegationen im PSA-Hauptquartier in Boulogne-Billancourt sowie im Arbeitsministerium Druck machen. Der Staat müsse die Konzerne zu Zugeständnissen zwingen, heißt es bei der Gewerkschaft. Möglichkeiten hierfür dürften der Sarkozy-Regierung zur Verfügung stehen. Schließlich hatte sie im Februar insgesamt sechs Milliarden Euro an zinsgünstigen Krediten an Renault und PSA vergeben. Dafür würden »alle industriellen Entscheidungen künftig Objekt aufmerksamer Prüfung durch den Staat«, hieß es seinerzeit. Nun soll sich der französische Industrieminister Christian Estrosi am 20. Juli mit Vertretern der New-Fabris-Beschäftigten treffen.
Quelle: jungewelt
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vor 21 Stunden
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