Gerade noch mal gut gegangen: Er habe "wohl mehrere Schutzengel gehabt", schreibt Sebastian Madsen auf der offiziellen Homepage. Beim Videodreh zur aktuellen Single war der Sänger aus fünf Metern Höhe auf den Betonfußboden des Filmstudios gestürzt und zog sich einen komplizierten Trümmerbruch im linken Handgelenk zu. weiterlesen
Aber "es hätte alles viel schlimmer kommen können", so der Sänger, er befindet sich bereits auf dem Weg der Besserung. Die Tour wurde verschoben, "Labyrinth", das vierte Album der Band, erscheint wie geplant. So viel vorweg: Es ist vielseitig geworden - was den Stil angeht, aber auch die Qualität.
"Zwischen Den Zeiten" erwacht leicht verkatert, am Morgen nach der Abi-Feier - ein kurzer, wehmütiger Blick zurück, und das Gefühl, die Welt liege einem zu Füßen. Der Song strotzt nur so vor adoleszenter Euphorie, vielleicht ist sie auch bei Madsen schon ein bisschen her, "die beste Zeit in meinem Leben". Erinnern können sie sich aber noch gut: Der Song ist authentisch und ehrlich, voller Emotion, aber nicht kitschig. Eine Eigenschaft, die man sich auf "Labyrinth" öfter gewünscht hätte.
Auf der ersten Single beispielsweise. "Lass Die Liebe Regieren" beginnt mit einem Riff, das an Modest Mouses "Float On" erinnert, und ist auch ansonsten eine musikalisch tolle Nummer. Doch der Text trieft nur so vor Pathos. "Weil Du liebst, Weil Du lebst / Weil du gibst, und vergibst (...) / Weil du glühst und vergehst / Wirst du geliebt / Lass es passieren, lass die Liebe regieren": Eine ungute Mischung aus Mallorca-Star Michael Wendler und Kirchentag.
Leider kein Einzelfall, auf "Labyrinth": gute Melodien, musikalisch abwechslungsreicher als alles, was Madsen bisher gemacht haben – doch die Lyrics kommen aus der Mittelstufen-Ecke nicht, oder nur zu selten, raus. Vielleicht sind die Erwartungen auch immer noch die falschen, nachdem ausgerechnet Thees Uhlmann Madsens Debüt zu der deutschen Indie-Rock-Hoffnung erklärte, und die Band auf dem letzten Album ab und an sogar an Tocotronic erinnerte.
Wie ein roter Faden zieht sich auch ein unerschütterlicher Idealismus durch die Songs. "Auf den billigen Plätzen sind die netteren Leute", singt Sebastian in "Mein Herz Bleibt Hier". Oder, an anderer Stelle: "Ja, zusammen sind wir stark und wir knicken nicht ein". Das mag ja alles stimmen, mutet aber manchmal etwas naiv an. "Jeder Für Jeden" hat dieselben Visionen, von denen auch Rio Reiser in "Der Traum Ist Aus" träumte: "Der Park ist voll, das Gefängnis leer / Es gibt keine Fänger und Gefangenen mehr."
Dass Madsen sich auch mal an Balladen versuchen, ist eigentlich nichts Neues. Dass dabei was rumkommt, schon - ein Erfolg, den sie vielleicht dem Wechsel am Keyboard zu verdanken haben: Lisa heißt die Neue, und die macht unter dem Namen Lisa Who auch ohne Madsen tolle Musik. Der neue Einfluss steht der Band gut, zumindest singt sie sich sehr charmant mit Sebastian durch das Duett "Obenunten", das zu den stärksten Liedern auf dem Album zählt.
Eine weitere musikalische Referenz sind die Toten Hosen, bei denen Madsen schon als Vorband auftraten. "Oh, oh, oh, das muss Liebe sein / Oh, oh, oh, willkommen daheim": So ein Refrain könnte auch von der Düsseldorfer Punkband stammen. "Blockade" geht als offizielle Nachfolge von "Panik" vom Debüt durch: genau so viel Druck und dieselbe Wut.
Es sind - von wenigen Ausfällen abgesehen - genau diese Qualitäten, die man Madsen noch nie absprechen wollte: eingängige Riffs und Melodien - Leidenschaft an der Sache und vor allem Energie. Sebastian Madsen trifft zwar immer noch nicht jeden Ton, das aber wenigstens inbrünstig und mit voller Überzeugung. (c: laut.de)
RS:
Labyrinth
Uploaded:
Labyrinth
Titelliste
01 Labyrinth
02 Mein Herz Bleibt Hier
03 Das Muss Liebe Sein
04 Zwischen Den Zeiten
05 Berlin, Was Willst Du Von Mir?
06 Lass Die Liebe Regieren
07 Blockade
08 Jeder Für Jeden
09 Mit Dem Moped Nach Madrid
10 Schön, Dass Du Wieder Da Bist
11 Obenunten
12 Sieger
Genre: Rock
Bitrate: 205 kBit/s (VBR)
Year: 2010
Shard
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vor 7 Stunden
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