Ein Lied mehr, das Dich festhält und Dich nicht dahin lässt,
wo Du hinwillst.
Jochen - Ex-Blumfeld - Distelmeyers Bubblegum-Rock-Comeback
mit 'Heavy'
Wie baut man den perfekten Song. Und gibt es eine
Geschschacksgrenze für Perfektion im Musikproduktionswesen?
Für Ex-Blumfeld-Sänger Jochen Distelmeyer jedenfalls stellt
sich die Frage nach einem neuen Stil jenseits der
Blumfeld-Karriere Mitnichten. Es gibt weder den Weg der
charmanten 4-Spur-Aufnahme aus der Schublade, die nach zwei
Dekaden randvoll sein könnte mit distelmeyerschen
Kuriositäten. Noch gibt es eine Wendung hin zu einem von
Seiten der Band zuvor eher vernachlässigten Stil. So bleibt
also alles beim Alten. Einerseits. Und andererseits ändert
sich Alles gravierend. Vor allem strategisch. Die Band -
jetzt verstiegener, abgezockter, komplizenhafter und
songdienlicher als zuvor. Was gibt es noch Bemerkenswertes?
Das Portrait Distelmeyers ziert just nahezu alle Cover, der
noch verbliebenen - sich selbst nicht mehr so nennenden,
aber sehr wohl noch vom Nachruhm der jeweiligen Frühphasen
leidlich zehrenden - Indiependent-Music-Gazetten im Lande.
Nötig haben einen wahrhaftigen deutschen Underground-Popstar
auch sämtliche Feuilletons führender Tages- und
Wochenzeitungen. Nicht zu vergessen deren Beilage-Magazine.
Bleiben noch Stern, Spiegel,
Öffentlich-Rechtliche-Sender-Online-Redaktionen. Kaum eine
Schreiberin/ein Schreiber findet keine passenden Worte für
das Gehörte, traut sich etwa dem Phänomen
Distelmeyer/Blumfeld keine passende Conclusio anzuhängen.
So schreibt Die Zeit: "Fälschlicherweise hat man die Musik
seiner Band lange als sogenannten Diskurs-Rock verstanden
und seine Texte als Befindlichkeitsstudien linker Dissidenz
gelesen, statt das zutiefst romantische Projekt dahinter
wahrzunehmen: Distelmeyer wollte eben von Anfang an ein
Künstler sein, der Grenzen austestet." Da ist er wieder der
alte, der reaktionäre Künstler-Mythos. Unausrottbar rotten.
Und neuerdings noch schlimmer: Es gibt keine Lagerkämpfe
zwischen rechtem und linken Feuilletons mehr, wie etwa noch
vor 10 Jahren. Und Distelmeyer ist in dem Sinne (wieder
einmal) rechtzeitig in der Gegenwart angekommen, dass er
die politische Lage, zudem die Art und Grösse der medialen
Bewaffnung ahnt. Wenn man sein Album auf Abgrenzungs-, bzw.
Positionierungs-Termini hin abgrast, macht er sich offenbar
nichts vor und singt/spricht nicht mehr hinein in einen
linken, intellektuellen, popsachverständigen Resonanzraum,
wie es ihn anno 1992 oder auch 2002 noch gab. Ja, das musste
hart werden, schwer - heavy. Den aktuellen
Kultur-Neo-Biedermeier kannst Du nicht mehr einfach so vom
Ärmel wischen. Die rechte Presse schäumt als Mainstream vor
sich hin und nivelliert im Zuge einer Kulturrestauration
alle Ecken und Kanten. Zweifellos fühlen sich einige
Ober-Arschlöcher derzeit mal wieder als Avantgarde - siehe
z.B. die "Maximo Park Avenue" (Klaus Walter über die neue
Spex). Sie verkaufen restaurativen, rechten Journalismus in
alten linken Schläuchen. Die Popanze glauben halt,
einerseits, Links sei gegessen - andererseits, man müsse
Liberalität und Progressivität hoch halten. So wie jetzt
auch Jochen Distelmeyer, der ja zweifelsfrei - in ihrem
Jargon - ein Freigeist war, ein schwerwiegendes
linksintellektuelles Rock-Problem-Kind. Die Welt (ehemals
Heimat des neuen Spex-Chefs - sic!)/Arne Willander schreibt
dann auch folgerichtig: "Auf 'Heavy' sind die rauen Zeiten
vorbei: Früher Vorbild für Linksbewegte, sucht er nun nach
Sinn, Identität, dem Platz in der Gesellschaft und der
Liebe." Sie haben nichts verstanden - aber sie müssen es
auch erst gar nicht mehr ausdiskutieren. Oder gar wir mit
ihnen. Wer die Hoheit für sich bereits beansprucht, den hat
man nicht mehr zu hassen, zu verhöhnen oder zu verspotten -
den hat man zu fürchten und zu bekämpfen. So ist 'Heavy'
eine Machtanalyse und Kampfansage - für diejenigen, die
hinter die Musik blicken können. Einem Teil der Gesellschaft
ist dieser Blick via (alter) Medien bereits verstellt.
Heavy, ja genau. Muss man sich jetzt arrangieren. Verfängt
hier noch einmal die Strategie einer Subversion/Dissidenz
von Sprache. Ist das der Treppenwitz der Geschichte, das
Underground-Heroes über flügellahme Major-Labels ihre Kanäle
ausbauen. Ist das der neue Underground: entgegen der noch
DDR-subversiv/metapheresken
'Verbotene Früchte'-Album-Strategie nun einen neuen
Testballon frappant aufzublasen. Neben Zepellin und rosa
Elefant. Nur so zum Spass. Den grossen
Hubba-Bubba-Diskurs-Rock-Götzen-Entzauberungs-Ballon:
"Ich hab mich in den Lärm gestellt und lauf durchs
Ungefähre, um nachzusehen wo Du bist" (Hiob)?
Dieses Album markiert zumindest einen Endpunkt.
Es versendet sich nicht mehr direkt zu den Adressaten,
zum potentiell dissidenteren Teil der Gesellschaft via
Underground (wo es früher oder später sowieso ankommt),
sondern lässt sich schick über die Medien-Portale der
Arschlöcher bejubeln. Ein Album, welches im Normalfall
kaum Anlass zu vielen Missverständnissen gegeben hätte,
wird nun überwiegend positiv, versöhnlich - zahm halt -
von den bösen Amöben ausgelesen und interpretiert.
Interessant ist jetzt, wer hier wie lange lacht, bzw.
sich geschmeichelt fühlt. Dreiste Vereinnahmungen gehen
zwar manchmal ohne Nebenwirkungen ab. Aber man hat auch
schon Pferde auf der Wiese kotzen gesehen.
RRS
erneuert
pw: likedeeler
160 kbs
5 Kommentare:
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geduld bis heute mittag, bitte.
o, ok :)
na ist doch Nachmittag geworden. Viel Spaß!
Vielen Dank! Freue mich drauf.
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