Protestkundgebung in Düsseldorf gegen ein Konzert des schwulenfeindlichen Sängers »Elephant Man«. Ein Gespräch mit Florian Kaiser
Interview: Gerrit Hoekman
Florian Kaiser ist Vorstandsmitglied im Freien Zusammenschluß von StudentInnenschaften (fzs), dem deutschen Dachverband der Studierendenvertretungen
Am heutigen Freitag findet vor der Rheingoldhalle in Düsseldorf eine Kundgebung gegen ein Konzert des jamaikanischen Sängers »Elephant Man« statt. Warum?
Der Künstler gehört der »Dancehall«-Szene an. Er verwendet in seinen Songs homophobe und sexistische Textpassagen. Beispiel: »Genieße unseren Tanz und verbrenne einen Schwulen. Tritt auf ihm rum wie auf alten Kleidern. Genieße unseren Tanz und zertrete einen Schwulen.«
Das hört sich übel an. Was für ein Publikum geht zu solchen Konzerten?
Ich vermute, daß sich die Mehrheit der Besucher gar nicht über die Texte im klaren ist und sich allein für die Musik interessiert. Bei »Dancehall« gibt es aber noch mehr Künstler dieser Art –»Battyman Tunes« etwa.
Handelt es sich bei der Musik von »Elephant Man« um Reggae?
»Dancehall« ist eine eigene Stilrichtung. Auf Jamaika werden solche Liedtexte auch durchaus in der Wahlwerbung eingesetzt. Die Politik in diesem Land ist ohnehin sehr homophob, Analverkehr unter Männern z. B. gilt als verabscheuungswürdiges Verbrechen und wird mit bis zu zehn Jahren Haft bestraft.
Woher kommt das? Jamaika und die Rastafari gelten doch als locker und lässig.
Das ist ein gängiges Stereotyp, das sich aber nicht halten läßt. Gerade wenn es um sexuelle Freiheit geht, ist diese Kultur in keiner Weise locker und lässig.
Hat das geschichtliche Gründe oder ist das in der gesamten Karibik verbreitet?
Das steht wohl mit dem religiösen Gedankengut in Verbindung. Aufklärung wird systematisch verhindert und internationale Kritik an der »Homo-Politik« als Einmischung abgewehrt.
Haben Sie Informationen über die Situation von Schwulen in Jamaika?
Es kommt regelmäßig durch Polizei und andere Staatsorgane zu Mißhandlungen und Belästigungen Schwuler.
Liegt das an der katholischen Kirche? Oder welcher Religion gehören die Jamaikaner an?
Ich würde da die katholische Kirche nicht pauschal angreifen, die Evangelikalen und Protestanten sind oft nicht besser. Jamaika ist übrigens eher protestantisch.
Nun ist die Kritik an »Elephant Man« nicht neu. Warum darf er trotzdem in Deutschland immer noch auftreten? Die zitierte Textpassage kommt ja einem Mordaufruf gleich.
Das ist eine interessante Frage. Wenn ich es noch richtig im Kopf habe, hat die Bundesregierung durchaus schon ein Einreiseverbot diskutiert. Aber wie so oft berufen sich diese Homophoben auf Presse- und Meinungsfreiheit. Der Grünen-Bundestagsabgeordnete Volker Beck hat übrigens letztes Jahr versucht, die Einreise zu verhindern, und die Tournee wurde damals auch abgesagt.
Warum kümmern sich gerade Studenten um dieses Thema? Der Rest der Gesellschaft scheint daran keinen Anstoß zu nehmen ...
Dazu müßte sie das Problem erst einmal kennen. Die »Dancehall«-Musik ist wohl eher unter Jüngeren bekannt. Deshalb ist es um so wichtiger, daß die Studierenden aktiv werden.
Was erwarten Sie von der Kundgebung morgen?
Wir wollen deutlich machen, daß Minderheiten Unterstützung brauchen, daß die Problematik der Homophobie ins Bewußtsein der Gesellschaft rücken muß und letztlich, daß der Auftritt verhindert werden kann. Denn man darf es nic ht dulden, daß solch menschenverachtendes Gedankengut ein Forum bekommt und zum Mord aufgerufen wird. Es ist sowieso kaum nachvollziehbar, warum Polizei und Justiz einen solchen Sänger gewähren lassen.
Denken Sie wirklich, das Konzert sei noch zu verhindern?
Das hängt davon ab, wie viele Menschen sich bewußt werden, was es bedeutet. Sollte es trotzdem stattfinden, so hoffe ich, daß das Thema Homophobie wenigstens stärker ins gesellschaftliche Bewußtsein rückt. Und es sollte auch auf der Agenda der nächsten Bundesregierung stehen.
Info: Protestkundgebung heute in Düsseldorf, um 21 Uhr vor dem Rheingold Club am Konrad-Adenauer-Platz
Bather at Deauville by Kees van Dongen
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Cornelis Theodorus Maria "Kees" van Dongen (26 January 1877 – 28 May 1968)
was a Dutch-French painter who was one of the leading Fauves ("Wild men" =
th...
vor 3 Stunden
2 Kommentare:
Das Konzert wurde übrigens abgesagt. :)
das rastafaris und das reggaeumfeld nun mal leider die heftigsten rassisten, sexisten und schwulenfeinde sind, ist ja eigentlich kein geheimnis. es ist trotz allem erstaunlich, wie konsequent diese umstände ignoriert weden, und reggae nach wie vor als liberale sunshine musik wahrgenommen wird...
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