Hab mal ne Rezension aus Ostmusik.de benutzt, von 11/1980 - also aus Zeiten, wo von Mauerfall bestimmt noch keine Rede war...
Jürgen Kerths zweite Langspielplatte scheint mir vor allem insofern wichtig zu sein, als Musik von dieser Art wie ein unerschütterlicher Ruhepunkt wirkt zwischen mancherlei modischen Hypertrophierungen der Rock-Musik, vielen leider nicht wahrgenommen musikalischen Scharlatanerlen und etlichen ambitiösen Unternehmungen, die textlich – inhaltliches Eifern betreiben, ohne das die musikalischen Mittel und Fähigkeiten standhalten.
Jürgen Kerths musikalische Grundhaltung ist von irgendwie stoischer Gelassenheit, er hängt sich nicht opportunistisch an einen gerade vorbeifahrenden modischen Trend an, sondern bleibt sich treu, einfach gesagt: dem, was er kann.
Seine Musik atmet grundsätzlich Bescheidenheit und Ehrlichkeit. Ihr eignet weder Exaltiertheit noch das Schrille, umso mehr jene Lockerheit und Leichtfüßigkeit des musikalischen Flusses, die einen so schön relaxed machen. Sie hat einen durchaus kräftigen Hang zu jener Beschaulichkeit, die des Wortes positiveren Sinn meint.
Von einer Musik heutzutage zu sagen, sie sei in ihrer Beschaffenheit grundsolide, hat schon etwas Anrüchiges.
Sei `s drum: Jürgen Kerths Musik ist tatsächlich grundsolide gebaut, und das wohl kann man ja nur von derjenigen sagen, deren Schöpfer sein Metier beherrscht. Zudem ist sie freundlich im Gestus, natürlich, verbindlich.
Sowohl dies, als auch die bekannte Tatsache, das Jürgen kerth leidenschaftlich dem Blues anhängt, könnte einen dazu verführen, seine Musikweise als sanften Blues-Rock zu bezeichnen. Nicht alle der fünft vokalen und fünf instrumentalen Titel dieser LP befinden sich auf hohem Niveau der musikalischen Erfindung und Gestaltung, aber es dürfte eben nicht von ungefähr kommen, das ausgerechnet die vom Blues-Idiom gekennzeichneten Titel wie „Ich liebe die Eine“, „Komm herein“, „Kerths Boogie“ und „Blues für Jimi“ , ein musikalisches gedenken an Jimi Hendrix, einem durch ihren musikalischen Gehalt nachdrücklich in Erinnerung bleiben als die doch wohl etwas zu vordergründigen, melodisch etwas limonadenhaften Instrumental-Stücke „Schwarze Perle“, „April-Reggae“ und „Amazonas/Tanz der Alligatoren“.
Die Kompositionen und Arrangements stammen allesamt von Jürgen Kerth. Auch die Texte, mit Ausnahme von „Ich finde keine Ruh“: Klaus Kühne. Kerth ist alles andere denn ein durch Phantasie der textlichen Ideen und wortgestalterische Kraft des Merkens würdiger Poet. Das was er erlebt, zeiht scheinbar direkt und natürlichsten Wegs in seine Texte ein, sie zeigen weder den geringsten Ansatz zu poetischer Verdichtung und Überhöhung noch den Ehrgeiz, Pointen im dramaturgischen Aufbau und mit dem Wort zu setzen. Da finden keine Überraschungen statt, und so erkennt man in „Ich liebe die Eine“ auch sogleich, wer die „Eine“ ist.
„Ich liebe die Eine, die schon so lange bei mir ist. Ich brauche nur sie, ich glaub` sie braucht auch mich. Mit uns zu reden brauchen wir keine Wort. Sie ist ein Stück meines Lebens, und drum geb` ich sie nie fort. Halt ich sie in meinen Händen, fängt sie gleich zu singen an. Sie wird niemals müde, wenn ich auf ihr übe. Sie ist sehr gut gebaut …“
In Kerths vokale Interpretation schummeln sich recht häufig Restbestände thüringischer Mundart ein, und auch ein scharfes charakteristisches „S“. Hingegen hat sein Gitarrenspiel gewissermaßen überregionales Ambiente in seinem musikalischen Reichtum und dem spieltechnischen Niveau. Keineswegs sind die Arrangement-Strukturen so, das sich kerth als auftrumpfender Star seiner Drei-Mann-Gruppe herausgestellt sehen möchte. Aber vergleichsweise bleibt das Spiel seiner Musikantenkollegen Lothar Wilke ( keyb ) und Eberhard Meierdirks ( dr ) etwas blass.
Die Platte gibt kein rechtes Bild dessen, was sie wirklich zu leisten imstande sind. Denn die hin – und wieder belanglosen Keyboard – Verläufe und den schwach entwickelten Drive des Schlagzeugs in „Kerths Boogie“ beispielsweise möchte ich nicht als Maßstab nehmen.
Auch das sollte man erwähnen: die Covergestaltung von Karl Groß. Er hat ein altmodisches Türschild mit Kerths Namen, eine drunter geschobene freundliche Aufforderung „Komm herein“ und einen Klingeknopf gemalt, dessen Drähte bis zur auf der Rückseite abgebildeten Klingel führen. Gestaltung dieser Plattentasche und überwiegender Gestus der Musik korrespondieren.
Komm Herein
Titelliste
01 Komm Herein
02 Geburtstag im Internat
03 Kindheit
04 Kerth's Boogie
05 Schwarze Perle
06 April-Reggae
07 Ich Liebe Die Eine
08 Amazonas/Tanz Der Alligatoren
09 Ich Finde Keine Ruh'
10 Blues Für Jimi
Genre: Blues
Bitrate: 192 kBit/s
Year: 1980
Blue Angel
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Under Anything Goes I will be sharing anything I think worthwhile that does
not fall under one of the other categories. Examples are book covers, song
...
vor 20 Stunden
1 Kommentar:
Sehr gute Seite und sehr gute Musikauswahl. Vielen Dank, Ihr Likedeeler! Leider kann ich hierzu kein PW finden. Kann mir jemand helfen?
Vielen Dank und weiter so.
Ein Freund
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